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Artikel zum Thema: Drittstaaten

Änderung von Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men durch das Mul­ti­la­te­ra­le Instrument

Kate­go­rien: Klienten-Info

Oktober 2017 

Anfang Juni 2017 haben 68 Staaten, neben Öster­reich alle EU- und EWR-Staaten mit Ausnahme von Estland, in Paris das soge­nann­te Mul­ti­la­te­ra­le Instru­ment (MLI) unter­zeich­net. MLI steht für “Mul­ti­la­te­ral Con­ven­ti­on to Imple­ment Tax Treaty Related Measures to Prevent Base Erosion and Profit Shifting” und soll es ermög­li­chen, die im BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) Projekt der OECD erar­bei­te­ten Ände­rungs­vor­schlä­ge rasch und relativ unkom­pli­ziert ins natio­na­le Recht umzu­set­zen. Der große Vorteil besteht also darin, dass nicht jedes DBA (lang­wie­rig) bila­te­ral neu­ver­han­delt werden muss. Statt­des­sen geben die teil­neh­men­den Staaten bekannt, welche in dem MLI vor­ge­se­he­nen bzw. mög­li­chen Ände­run­gen sie in ihren DBAs umsetzen möchten – bei Über­ein­stim­mung mit dem anderen DBA-Staat kommt es dann zur (quasi auto­ma­ti­schen) Änderung. In Öster­reich wurde das “Mehr­sei­ti­ge Über­ein­kom­men zur Umset­zung steu­er­ab­kom­mens­be­zo­ge­ner Maß­nah­men zur Ver­hin­de­rung der Gewinn­ver­kür­zung und Gewinn­ver­la­ge­rung” (es handelt sich dabei wie bei DBAs üblich um einen Staats­ver­trag) im Natio­nal­rat und im Bun­des­rat beschlos­sen.

Bedeu­ten­des Ziel des mitunter durch das MLI durch­ge­setz­ten BEPS-Projekts ist, dass der Ort, an dem die steu­er­pflich­ti­gen Gewinne eines Unter­neh­mens aus­ge­wie­sen und besteu­ert werden, besser mit dem Ort über­ein­stimmt, an dem die Wirt­schafts­tä­tig­keit statt­fin­det sowie die Wert­schöp­fung erfolgt. Außerdem soll die Rechts­si­cher­heit für inter­na­tio­nal agie­ren­de Unter­neh­men erhöht werden, indem Dop­pel­be­steue­rungs­kon­flik­te ver­bind­lich (z.B. durch die Aufnahme eines Schieds­ver­fah­rens in die DBA) und vor allem schnel­ler gelöst werden können. Es soll nicht nur Dop­pel­be­steue­rung ver­hin­dert werden, sondern auch durch aggres­si­ve Steu­er­pla­nung und Abkom­mens­miss­brauch her­vor­ge­ru­fe­ne doppelte Nicht­be­steue­rung. Öster­reich hat derzeit mit rund 90 Staaten ein DBA abge­schlos­sen; durch das MLI sollen nun in 38 DBAs Ände­run­gen vor­ge­nom­men werden (z.B. in den DBAs mit Deutsch­land, China, Frank­reich, Spanien, Türkei, Russland, usw.).

Das MLI ist ver­gleich­bar einem DBA auf­ge­baut – bedeu­ten­de Elemente sind etwa Hybride Gestal­tun­gen, Miss­brauch von Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men, Ver­hin­de­rung der Begrün­dung von Betriebs­stät­ten, Ver­bes­se­rung von Streit­bei­le­gungs­me­cha­nis­men und Schieds­ge­richts­ver­fah­ren. Öster­reich hat sich dazu ent­schlos­sen, den vor­ge­schla­ge­nen Min­dest­stan­dard an Ände­run­gen durch das MLI zu über­neh­men. Dieser umfasst uA das Ziel der Bekämp­fung der Nicht­be­steue­rung im Rahmen der Aus­le­gung des Abkom­mens wie auch die Ver­hin­de­rung von Abkom­mens­miss­brauch. Hierbei hat sich Öster­reich für den soge­nann­ten “Princi­pal Purpose Test” ent­schie­den, welcher DBA-Begüns­ti­gun­gen für Trans­ak­tio­nen versagt, wenn deren Haupt­zweck in dem aus­schließ­li­chen Erlangen solcher Begüns­ti­gun­gen liegt. Die Umset­zung anderer Ände­run­gen in öster­rei­chi­sche DBAs hängt davon ab, ob der andere Ver­trags­staat auch gewillt ist, seine DBAs dahin­ge­hend zu ver­än­dern. Es handelt sich dabei z.B. um das Besteue­rungs­recht des Ansäs­sig­keits­staats bei bestimm­ten Qua­li­fi­ka­ti­ons­kon­flik­ten zur Ver­mei­dung dop­pel­ter Nicht­be­steue­rung, die Miss­brauchs­be­kämp­fung für in Dritt­staa­ten gelegene Betriebs­stät­ten, Gegen­be­rich­ti­gungs­ver­pflich­tun­gen für Ver­rech­nungs­prei­se und Schieds­ver­fah­ren mangels Einigung im Rahmen eines Ver­stän­di­gungs­ver­fah­rens nach drei Jahren. Nicht umsetzen mittels MLI möchte Öster­reich (d.h. Öster­reich hat Vor­be­hal­te dagegen) etwa Ände­run­gen i.Z.m. hybriden Gestal­tun­gen oder bei der Auf­tei­lung von Ver­trä­gen zur Betriebsstättenvermeidung.

Nicht nur im Rahmen des MLI selbst, sondern auch danach haben die teil­neh­men­den Staaten vollste Fle­xi­bi­li­tät hin­sicht­lich mög­li­cher Ver­än­de­run­gen an ihren Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men – auch etwa durch (tra­di­tio­nel­le) bila­te­ra­le Ver­hand­lun­gen zu einem späteren Zeit­punkt. Die voll­stän­di­ge Umset­zung des MLI in den ein­zel­nen DBAs wird vor­aus­sicht­lich 2019 bzw. 2020 voll­zo­gen sein. Es wird dann auch zu einer Änderung des OECD-Mus­ter­ab­kom­mens – gleich­sam als Scha­blo­ne für DBA – gekommen sein. Bis dahin ist es bei Sach­ver­hal­ten dro­hen­der Dop­pel­be­steue­rung wichtig, nicht nur das noch aktuelle DBA zu kon­sul­tie­ren, sondern auch die über­ein­stim­men­den bzw. unter­schied­li­chen Punkte der beiden Staaten aus dem MLI zu berücksichtigen

Bild: © Anna Blau — BMF