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Artikel zum Thema: Gemeinschaftsrecht

Umfang­rei­che Steu­er­re­form in Planung

Kate­go­rien: Klienten-Info

Juni 2019 

Für die Jahre 2020 bis 2023 ist in Öster­reich eine umfang­rei­che Steu­er­re­form geplant. Der erste Teil der vor­ge­se­he­nen Maß­nah­men liegt als “Steu­er­re­form­ge­setz I 2019/20” bereits als Begut­ach­tungs­ent­wurf vor. Nach­fol­gend sollen aus­ge­wähl­te Aspekte über­blicks­mä­ßig dar­ge­stellt werden. Die ersten Ände­run­gen sollen bereits 2020 in Kraft treten. Der weitere Gesetz­wer­dungs­pro­zess bleibt freilich abzu­war­ten, nicht zuletzt durch die anste­hen­den Neu­wah­len zum Nationalrat.

Tarif­sen­kung bei der Einkommensteuer

Wesent­li­ches Element der Steu­er­re­form soll eine Ent­las­tung bei der Ein­kom­men­steu­er (und somit auch bei der Lohn­steu­er) durch Senkung des Steu­er­ta­rifs sein. In der ersten Etappe ab 2021 ist ange­dacht, den Ein­gangs­steu­er­satz für Ein­kom­mens­be­stand­tei­le zwischen 11.000 € und 18.000 € auf 20% zu redu­zie­ren (von 25%). Ab 2022 soll der Steu­er­ta­rif für Ein­kom­mens­be­stand­tei­le zwischen 18.000 € und 31.000 € auf 30% (derzeit 35%) und für Ein­kom­mens­be­stand­tei­le zwischen 31.000 € und 60.000 € auf 40% (derzeit 42%) gesenkt werden. Der Spit­zen­steu­er­satz von 55% soll unbe­fris­tet bei­be­hal­ten werden.

Erhöhung bei GWGs von 400 € auf 800 € (später 1.000 €)

Die schon knapp seit 40 Jahren geltende Grenze für die Sofort­ab­schrei­bung von gering­wer­ti­gen Wirt­schafts­gü­tern (GWG) soll von 400 € auf 800 € ver­dop­pelt werden. Neben Inves­ti­ti­ons­an­rei­zen soll es auch zu Ver­ein­fa­chun­gen kommen, da das Führen eines Anla­gen­ver­zeich­nis­ses vermehrt weg­fal­len könnte. Ab 2021 soll die Grenze bei GWGs sogar auf 1.000 € ange­ho­ben werden.

Erhöhung der Klein­un­ter­neh­mer­gren­ze und zusätz­li­che Pauschalierung

Die unechte Befrei­ung von der Umsatz­steu­er in Form der soge­nann­ten Klein­un­ter­neh­mer­be­frei­ung soll von derzeit 30.000 € (Net­to­um­satz­gren­ze) auf den uni­ons­recht­li­chen Höchst­be­trag von 35.000 € ange­ho­ben werden. Für Steu­er­pflich­ti­ge, die umsatz­steu­er­lich unter dieser Grenze bleiben, ist auch eine ver­ein­fach­te Pau­scha­lie­rung in der Ein­kom­men­steu­er (bei selb­stän­di­gen Ein­künf­ten oder Ein­künf­ten aus Gewer­be­be­trieb) geplant. Neben Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern und Auf­sichts­rats­mit­glie­dern sind jedoch auch Stif­tungs­vor­stän­de von dieser beson­de­ren Pau­scha­lie­rung aus­ge­schlos­sen. Die pau­scha­len Ausgaben werden dabei grund­sätz­lich in Abhän­gig­keit von nur drei Para­me­tern ermit­telt. Neben der Höhe des Umsatzes sind dies die Branche und die Frage, ob die Pflicht­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge voll­stän­dig geleis­tet worden sind oder nicht. Bran­chen­be­dingt findet für Dienst­leis­tungs­be­trie­be ein nied­ri­ger pau­scha­ler Aus­ga­ben­satz Anwen­dung, da solche Betriebe typi­scher­wei­se im Ver­hält­nis zum Umsatz eine gerin­ge­re Kos­ten­be­las­tung auf­wei­sen. Im Detail ergeben sich folgende Kom­bi­na­tio­nen für den (Ausgaben)Pauschalsatz in % der Umsätze.

Pflicht­bei­trä­ge wurden im jewei­li­gen Jahr voll­stän­dig entrichtet

Pflicht­bei­trä­ge wurden im jewei­li­gen Jahr nicht voll­stän­dig ent­rich­tet bzw. besteht eine Befreiung

Nor­mal­satz

60

45

Redu­zier­ter Satz für Dienstleistungsbetriebe

35

20

Im Sinne einer Ver­ein­fa­chung können neben den pau­scha­len Betriebs­aus­ga­ben keine weiteren Betriebs­aus­ga­ben berück­sich­tigt werden, aller­dings kann der Grund­frei­be­trag geltend gemacht werden. Folglich sind unter solchen Vor­aus­set­zun­gen weder Waren­ein­gangs­buch noch Anla­gen­kar­tei für die Gewinn­ermitt­lung not­wen­dig. Sollte die 35.000 € Umsatz­gren­ze in einem Jahr gering­fü­gig über­schrit­ten werden und die Umsätze höchs­tens 40.000 € aus­ma­chen, so ist diese Über­schrei­tung unpro­ble­ma­tisch, sofern im Vorjahr der Höchst­be­trag von 35.000 € nicht bereits über­schrit­ten worden ist. Unter gewissen Vor­aus­set­zun­gen kann es auch nach zwei­ma­li­gem Über­schrei­ten der Grenze und Wegfall der Pau­scha­lie­rung wiederum zur Anwen­dung der Pau­scha­lie­rung und Inan­spruch­nah­me der Tole­ranz­re­ge­lung kommen.

EStG 2020 als Zukunftsmusik?

Nach wie vor im Raum steht die Ver­ein­fa­chung und Moder­ni­sie­rung des in die Jahre gekom­me­nen Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (“EStG 2020”). Mit dem Ziel in Richtung Ein­heits­bi­lanz soll es etwa zu einer Har­mo­ni­sie­rung der Fir­men­wert­ab­schrei­bung zwischen Unter­neh­mens­recht und Steu­er­recht kommen. Darüber hinaus ist die Mög­lich­keit eines abwei­chen­den Wirt­schafts­jah­res für alle Bilan­zie­rer ange­dacht wie sogar die steu­er­li­che Aner­ken­nung von pau­scha­len Wert­be­rich­ti­gun­gen und Rück­stel­lun­gen. Schließ­lich soll es im Rahmen des EStG 2020 auch zu einer Zusam­men­fas­sung (zu einer Ein­kunfts­art) der selb­stän­di­gen Ein­künf­te mit jenen aus Gewer­be­be­trieb kommen.

Erhöhung des Grund­frei­be­trags auf 100.000 €

Die Bemes­sungs­grund­la­ge für den Grund­frei­be­trag soll von bisher 30.000 € auf bis zu 100.000 € erhöht werden und somit Unter­neh­men finan­zi­ell wie auch admi­nis­tra­tiv ent­las­ten. Erst ab einem Gewinn von 100.000 € müssen ent­spre­chen­de Inves­ti­tio­nen getätigt werden, um den Gewinn­frei­be­trag darüber hinaus geltend machen zu können.

Erhöhung Wer­bungs­kos­ten­pau­scha­le

Die Erhöhung des Wer­bungs­kos­ten­pau­scha­les von derzeit 132 € pro Jahr auf 300 € pro Jahr ab dem Jahr 2021 soll eine finan­zi­el­le wie admi­nis­tra­ti­ve Ent­las­tung für steu­er­zah­len­de Arbeit­neh­mer bringen, da zukünf­tig dann oftmals keine Arbeit­neh­mer­ver­an­la­gung mehr not­wen­dig sein dürfte.

Gemein­schafts­recht­kon­for­mi­tät bei der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft

Die Bestim­mun­gen zur Mit­tel­stands­fi­nan­zie­rungs­ge­sell­schaft (MiFiG) wurden schon mehrfach novel­liert, um für kleine und mittlere Unter­neh­men den Zugang zu Eigen­ka­pi­tal — von der kri­ti­schen Grün­dungs­pha­se durch die Wachs­tums­pha­se bis hin zur all­fäl­li­gen Bör­sen­fä­hig­keit — zu erleich­tern (siehe auch KI 04/17). Nunmehr ist eine Anpas­sung der Bestim­mun­gen insoweit geplant, als die steu­er­li­che Begüns­ti­gung für die Inves­to­ren auf 75% des Aus­schüt­tungs­be­trags einer MiFiG beschränkt werden soll, da auch die MiFiG selbst ledig­lich im min­des­tens 75% des Eigen­ka­pi­tals betra­gen­den Finan­zie­rungs­be­reich steu­er­li­che Begüns­ti­gun­gen in Anspruch nehmen kann. Dadurch sollen die von der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on gestell­ten Anfor­de­run­gen bei­hil­fen­recht­li­cher Natur (das MiFiG-Regime unter­liegt als Risi­ko­ka­pi­tal­bei­hil­fe der EU-bei­hil­fen­recht­li­chen Mit­tei­lungs­pflicht) erfüllt sein. Darüber hinaus wird klar­ge­stellt, dass ein Unter­neh­men (auch) nicht von mehreren MiFiGs in Summe mehr als 15 Mio. € erhalten kann.

Senkung des Körperschaftsteuersatzes

Zumin­dest wie in dem Vortrag an den Minis­ter­rat ange­kün­digt, soll die Kör­per­schaft­steu­er von aktuell 25% ab dem Jahr 2022 auf 23% und ab dem Jahr 2023 auf 21% abge­senkt werden. Damit würde sich Öster­reich dem EU-Schnitt annähern. Unter Berück­sich­ti­gung von 27,5 KESt würde die Gesamt­steu­er­be­las­tung bei Aus­schüt­tung an eine natür­li­che Person von derzeit 45,63% auf 42,73% ab dem Jahr 2023 absinken.

Umsatz­steu­er­li­che Änderungen

Neben der Erhöhung der Klein­un­ter­neh­mer­gren­ze sind weitere Ver­än­de­run­gen in der Umsatz­steu­er geplant. Nicht zuletzt aus öko­lo­gi­schen Über­le­gun­gen sollen Bücher, Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten zukünf­tig auch dem ermä­ßig­ten Steu­er­satz von 10% unter­lie­gen, wenn diese in elek­tro­ni­scher Form vor­lie­gen. In eine ähnliche Richtung geht es für Elek­tro­fahr­rä­der (z.B. E‑Bikes, Elek­tro­mo­tor­rä­der) — für diese soll, ver­gleich­bar zu Elek­tro­au­tos, die Mög­lich­keit zum Vor­steu­er­ab­zug im Falle der unter­neh­me­ri­schen Nutzung bestehen. Dies könnte einen Anreiz für Unter­neh­men bieten, den Mit­ar­bei­tern vermehrt Elek­tro­fahr­rä­der zur Ver­fü­gung zu stellen — im Falle einer Pri­vat­nut­zung durch die Dienst­neh­mer soll kein steu­er­li­cher Sach­be­zug anfallen. Über­haupt umfasst die geplante Steu­er­re­form einige Maß­nah­men im Umwelt­be­reich mit dem Ziel der Umset­zung der Klima- und Ener­gie­stra­te­gie für Öster­reich. Schließ­lich sind Ver­ein­fa­chun­gen und Ver­ein­heit­li­chun­gen (im Ver­hält­nis zu anderen Mit­glied­staa­ten) bei Rei­hen­ge­schäf­ten, inner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­run­gen und bei den Bestim­mun­gen zu Kon­si­gna­ti­ons­la­gern geplant.

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