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Artikel zum Thema: Konkurs

Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten — Teil 1: die Offene Gesell­schaft (OG)

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Mai 2012 

Abge­se­hen von der stillen Gesell­schaft und der Gesell­schaft bür­ger­li­chen Rechts, die in der Praxis wenig Bedeu­tung besitzen, gibt es als Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten die Offene Gesell­schaft (OG) und die Kom­man­dit­ge­sell­schaft (KG). In diesem Artikel werden die maß­geb­li­chen unternehmens‑, steuer- und sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Bestim­mun­gen zur OG behandelt.

Unter­neh­mens­recht

Seit In-Kraft-Treten des Unter­neh­mens­ge­setz­bu­ches (UGB) am 1.1.2007 gibt es statt OHG und OEG nur mehr die OG – Offene Gesell­schaft. Sie kann für alle Tätig­kei­ten gegrün­det werden, auch für frei­be­ruf­li­che sowie land- und forst­wirt­schaft­li­che Zwecke. Sofern die OG ein Unter­neh­men betreibt, gilt sie als Unter­neh­me­rin im Sinne des UGB. Zulässig sind Personen‑, Sach- und Fan­ta­sie­fir­men, ebenso gemisch­te Firmen; jede Firma hat zwingend einen Rechts­form­zu­satz zu ent­hal­ten (z.B.: „OG“). (Näheres zur Firma siehe Artikel: Gesetz­li­che Grenzen des Fir­men­wort­lau­tes, März 2010). Die OG entsteht mit Ein­tra­gung ins Fir­men­buch. Sie besteht aus min­des­tens zwei Personen, eine Ein-Personen-OG ist nicht möglich. Die OG ist rechts­fä­hig, d.h. sie kann Trägerin von Rechten und Pflich­ten sein wie etwa Grund­ei­gen­tü­me­rin. Sie kann u.a. insol­vent werden und Inha­be­rin einer Gewer­be­be­rech­ti­gung sein. Liegt eine ver­deck­te Kapi­tal­ge­sell­schaft vor (z.B. eine GmbH & Co. OG) oder wird der Schwel­len­wert von 700.000 € an Umsatz­er­lö­sen pro Jahr über­schrit­ten, ist die OG zur dop­pel­ten Buch­hal­tung ver­pflich­tet. Dieser Schwel­len­wert gilt nicht für Frei­be­ruf­ler, die immer eine Ein­nah­men-Ausgaben-Rechnung führen dürfen. Für Land- und Forst­wir­te gelten andere Schwellenwerte.

Der Gesell­schafts­ver­trag kann völlig formfrei geschlos­sen werden. Die gesetz­li­chen Rege­lun­gen sind größ­ten­teils dis­po­si­tiv, d.h. sie sind nach­ran­gig gegen­über Ver­ein­ba­run­gen der Gesell­schaf­ter bzw. kommen nur dann zur Anwen­dung, wenn im Gesell­schafts­ver­trag nicht anderes vor­ge­se­hen ist. Die Betei­li­gung an einer OG ist grund­sätz­lich weder über­trag­bar noch ver­erb­lich, kann es aber durch Ver­ein­ba­rung im Gesell­schafts­ver­trag werden. Jeder Gesell­schaf­ter hat ein Kon­troll­recht hin­sicht­lich aller Abrechnungen/des Rech­nungs­we­sens. Gesetz­lich fest­ge­legt ist ferner ein Wett­be­werbs­ver­bot für alle Gesell­schaf­ter. Die Gesell­schaf­ter sollen gleich behan­delt werden, sofern keine sach­li­che Recht­fer­ti­gung für eine Ungleich­be­hand­lung vorliegt und unter­lie­gen einer all­ge­mei­nen Treue­pflicht gegen­über den anderen Gesell­schaf­tern und der Gesell­schaft. Die Einlage eines Gesell­schaf­ters kann – im Unter­schied zu Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten — auch aus­schließ­lich in Form von Arbeits­leis­tung bestehen. Mangels anderer Über­ein­kunft bestimmt sich das Betei­li­gungs­ver­hält­nis der ein­zel­nen Gesell­schaf­ter nach dem Ver­hält­nis des Wertes der ver­ein­bar­ten Einlagen (Kapi­tal­an­teil, festes Kapitalkonto).Die Ver­tei­lung von Gewinn und Verlust erfolgt nach der Ver­ein­ba­rung im Gesell­schafts­ver­trag. Fehlt diese sieht das Gesetz folgende Rei­hen­fol­ge vor (§ 121 UGB): Zuerst erhalten die nicht betei­lig­ten Arbeits­ge­sell­schaf­ter einen den Umstän­den nach ange­mes­se­nen Betrag des Jah­res­ge­winns. Der ver­blei­ben­de Betrag geht an die übrigen Gesell­schaf­ter im Ver­hält­nis ihrer Betei­li­gung. Eine Gewinn­aus­schüt­tung, die der Gesell­schaft schaden würde, darf nicht statt­fin­den. Ebenso, wenn alle Gesell­schaf­ter gegen eine Gewinn­aus­schüt­tung votieren. Ein Gesell­schaf­ter, der seine Einlage nicht geleis­tet hat, hat keinen (durch­setz­ba­ren) Anspruch auf Aus­zah­lung seines Gewinn­an­teils. Zusätz­li­che Ent­nah­men bedürfen der Zustim­mung aller übrigen Gesellschafter.

Bei der OG gilt das Prinzip der Selbst­or­gan­schaft: Die Geschäfts­füh­rer sind aus dem Kreis der Gesell­schaf­ter zu bestel­len. Werden Dritte mit der Geschäfts­füh­rung betraut (durch Prokura bzw. Voll­macht) obliegt den Gesell­schaf­tern wei­ter­hin die oberste Ent­schei­dungs­be­fug­nis. Die Geschäfts­füh­rungs­be­fug­nis kann aus wich­ti­gem Grund entzogen werden. Ein geschäfts­füh­ren­der Gesell­schaf­ter darf nicht ohne wich­ti­gen Grund und nicht zur Unzeit kündigen. Er hat die Sorgfalt eines „ordent­li­chen Unter­neh­mers“ ein­zu­hal­ten. Von der Geschäfts­füh­rung ist die Ver­tre­tung der Gesell­schaft nach außen zu unter­schei­den. Diese Ver­tre­tungs­macht kann Dritten gegen­über nicht beschränkt werden, d.h. Rechts­ge­schäf­te mit Dritten sind auch dann für die Gesell­schaft bindend, wenn beim Abschluss gegen interne Regeln ver­sto­ßen wurde. Die Ver­tre­tungs­be­fug­nis ist im Fir­men­buch einzutragen.

Alle Gesell­schaf­ter haften unbe­schränkt mit ihrem Pri­vat­ver­mö­gen für Schulden der Gesell­schaft gegen­über Gläu­bi­gern. Diese Haftung kann nur im Innen­ver­hält­nis beschränkt werden, nach außen (ohne Zustim­mung der Gläu­bi­ger) nie. Die Gesell­schaf­ter haften primär, das bedeutet, die Gläu­bi­ger müssen nicht zuerst auf das Vermögen der Gesell­schaft greifen. Sie haften nicht anteilig, sondern jeder haftet für die gesamte Schuld, mit Regress­mög­lich­keit im Innen­ver­hält­nis. Ein ein­tre­ten­der Gesell­schaf­ter haftet für die vor seinem Eintritt begrün­de­ten Ver­bind­lich­kei­ten. Die Haftung des aus­schei­den­den Gesell­schaf­ters ist gemäß § 160 UGB begrenzt. 

Eine Aus­tritts­kün­di­gung, das ist das frei­wil­li­ge Aus­schei­den eines Gesell­schaf­ters bedarf der Zustim­mung der übrigen Gesell­schaf­ter. Möglich ist auch eine Aus­schluss­kla­ge gegen einen Gesell­schaf­ter. Die Been­di­gung einer OG erfolgt in drei Stufen: Zunächst erfolgt die Auf­lö­sung der Gesell­schaft. Auf­lö­sungs­grün­de gemäß § 131 UGB sind etwa Kon­kurs­er­öff­nung, Kün­di­gung oder Beschluss der Gesell­schaf­ter. In den meisten Fällen kann die Auf­lö­sung durch einen Fort­set­zungs­be­schluss der Gesell­schaf­ter ver­hin­dert werden. Nach erfolg­ter Auf­lö­sung beginnt die Liqui­da­ti­on oder Abwick­lung, das ist die Ver­wer­tung des Gesell­schafts­ver­mö­gens. Neue Geschäf­te, die nicht dem Liqui­da­ti­ons­zweck dienen, dürfen in diesem Stadium nicht mehr getätigt werden. Die Liqui­da­to­ren sind im Fir­men­buch ein­zu­tra­gen. Nach voll­stän­di­ger Ver­tei­lung des Gesell­schafts­ver­mö­gens ist die Gesell­schaft voll beendet und kann im Fir­men­buch gelöscht werden. Buch­füh­rung bzw. Auf­zeich­nun­gen sind für steu­er­li­che Zwecke noch min­des­tens sieben Jahre auf­zu­be­wah­ren.

Steu­er­recht

Die unter­neh­me­risch tätige OG ist kein kör­per­schaft­steu­er­pflich­ti­ges Steu­er­sub­jekt, sondern eine Mit­un­ter­neh­mer­schaft. Die OG wird nicht besteu­ert, sondern es findet eine ein­heit­li­che und geson­der­te Fest­stel­lung von Anteilen und Höhe der betrieb­li­chen Ein­künf­te direkt bei den Gesell­schaf­tern statt, deren Ergeb­nis­se der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung der Gesell­schaf­ter zugrunde gelegt wird. Die Steu­er­be­las­tung ent­spricht daher dem Ein­kom­men­steu­er­ta­rif des Gesell­schaf­ters, bis maximal 50% Spit­zen­steu­er­satz. Ver­gü­tun­gen für Dienst­leis­tun­gen, Darlehen und Über­las­sung von Wirt­schafts­gü­tern an die Gesell­schaft sind Teil des Gewinnes des Gesell­schaf­ters („Gewinn­vor­aus“).

Sozi­al­ver­si­che­rung

Die Gesell­schaf­ter einer OG beziehen Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb oder aus selb­stän­di­ger Arbeit. Sie unter­lie­gen der Pflicht­ver­si­che­rung nach dem GSVG. Für Frei­be­ruf­ler gelten zum Teil Sonderbestimmungen.

Vor- und Nachteile

Ein Vorteil der OG liegt darin, dass eine sehr unkom­pli­zier­te, flexible und indi­vi­du­el­le Gestal­tung des Gesell­schafts­ver­tra­ges möglich ist. Es gibt keine gesetz­li­chen Vorgaben hin­sicht­lich der Auf­brin­gung und Erhal­tung des Kapitals der Gesell­schaft. Die gewerb­li­chen Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge sind nied­ri­ger als ASVG-Beiträge. Die Steu­er­be­las­tung für einen GmbH-Gesell­schaf­ter beträgt 43,75% (Kör­per­schaft- und Ein­kom­men­steu­er). Das ent­spricht dem Durch­schnitts­steu­er­satz eines jähr­li­chen Ein­kom­mens von ca. 150.000 €. Ein Nachteil der OG ist die unbe­schränk­te Haftung aller Gesell­schaf­ter. Kredite werden an eine GmbH meist auch nur im Falle einer (Mit-) Haftung des eigent­lich nicht unbe­schränkt haf­ten­den Gesell­schaf­ters vergeben, was den Vorteil des Haf­tungs­pri­vi­legs einer Kapi­tal­ge­sell­schaft gegen­über einer Per­so­nen­ge­sell­schaft nivel­liert. Der Gewinn muss vom Gesell­schaf­ter auch dann ver­steu­ert werden, wenn er ihn nicht ent­nom­men hat. Er gilt mit Ablauf des Wirt­schafts­jah­res als zuge­flos­sen. Bei selb­stän­di­ger Erwerbs­tä­tig­keit gibt es keine steu­er­li­che Begüns­ti­gung eines 13. und 14. Monats­be­zu­ges, aller­dings kann ein Grund- und ein Gewinn­frei­be­trag bis 13% in Anspruch genommen werden.

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