News
Immer aktuell

Steuern A‑Z

Artikel zum Thema: Versorgungsl�cke

Methoden der stra­te­gi­schen Beschaffungsplanung

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Juli 2015 

Ins­be­son­de­re in Pro­duk­ti­ons­be­trie­ben, aber auch bei Han­dels­be­trie­ben, kommt der Beschaf­fung und Mate­ri­al­wirt­schaft eine wesent­li­che Bedeu­tung für den Erfolg des Unter­neh­mens zu. Bis zur Errei­chung des mate­ri­al­wirt­schaft­li­chen Optimums im Sinne der Siche­rung der Pro­duk­ti­on zu mini­ma­len Kosten können diverse Pro­blem­fel­der wie Men­gen­pro­blem, Sor­ti­ments­pro­blem, Trans­port­pro­blem, Kapi­tal­pro­blem, Zeit­pro­blem oder Kos­ten­pro­blem auftreten.

Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, werden von der Beschaf­fungs­ab­tei­lung eines Unter­neh­mens unter­schied­lichs­te Funk­tio­nen wahr­ge­nom­men. Zu Beginn des Beschaf­fungs­pro­zes­ses sind vor allem die Bedarfs­er­mitt­lung (d.h. Ermitt­lung der Art, Qualität, Menge, Zeit­punkt des Roh­stoffs bzw. der Ware) und auch die Beschaf­fungs­markt­for­schung von Bedeu­tung. Darauf auf­bau­end müssen Make-or-buy-Ent­schei­dun­gen getrof­fen werden und auch dem Lie­fe­ran­ten­ma­nage­ment Beach­tung geschenkt werden. Schließ­lich ist die Bestel­lung inklu­si­ve Bestell­ab­wick­lung eine wichtige Funktion in der Beschaffung.

Die mit den Aufgaben der Beschaf­fungs­ab­tei­lung ver­bun­de­nen Ziele können vom Zeitraum betrach­tet in lang­fris­tig stra­te­gi­sche und kurz­fris­tig taktisch-ope­ra­ti­ve Beschaf­fungs­zie­le ein­ge­teilt werden. Während die taktisch-ope­ra­ti­ven Beschaf­fungs­zie­le neben der Opti­mie­rung der Beschaf­fungs­kos­ten, der Siche­rung der Mate­ri­al­qua­li­tät und der Liqui­di­tät auch die Siche­rung der Lie­fer­be­reit­schaft umfassen, handelt es sich bei den stra­te­gi­schen Beschaf­fungs­zie­len bei­spiels­wei­se um die Sicher­stel­lung der Mate­ri­al­ver­sor­gung, der Qua­li­täts­stan­dards, der Beschaf­fungs­markt­po­si­ti­on wie auch der Preis­sta­bi­li­tät. Nach­fol­gend soll beson­de­re Auf­merk­sam­keit auf die stra­te­gi­schen Aspekte der Beschaf­fung gelegt werden.

Stra­te­gi­sche Beschaffungslücke/Versorgungslücke als (stra­te­gi­sches) Entscheidungsinstrument

Mithilfe von stra­te­gi­schen Beschaf­fungs­pla­nungs- und ‑ent­schei­dungs­in­stru­men­ten sollen zukünf­ti­ge Chancen und Risiken auf dem Beschaf­fungs­markt sowie dem dazu­ge­hö­ri­gen Umfeld erkannt (stra­te­gi­sche Früh­erken­nung) und sys­te­ma­tisch beob­ach­tet werden. Zwei hilf­rei­che Instru­men­te sind hierbei erstens die stra­te­gi­sche Beschaf­fungs­lü­cke (Ver­sor­gungs­lü­cke) und zweitens das Lie­fe­ran­ten-Ein­käu­fer-Markt­macht-Port­fo­lio. Eine stra­te­gi­sche Beschaf­fungs­lü­cke entsteht, wenn mehr oder anderes Material benötigt wird, als ver­füg­bar ist. In Abhän­gig­keit von Lie­fe­ran­ten und Produkt- und Ver­fah­rens­tech­ni­ken als Para­me­ter können ver­schie­de­ne Schritte durch­ge­führt werden, um die Ver­sor­gungs­lü­cke zu schlie­ßen. Ein erster Ansatz ist effi­zi­en­te­rer Mate­ri­al­ein­satz während in einem weiteren Schritt neue Lie­fe­ran­ten im In- und Ausland gesucht werden können. Ein weiterer und regel­mä­ßig mit mehr Aufwand ver­bun­de­ner Lösungs­an­satz liegt in der Suche nach neuen Mate­ria­li­en bzw. Werk­stof­fen, welche als Sub­sti­tu­ti­ons­gü­ter ver­wen­det werden können. Darüber hinaus könnte noch mittels Diver­si­fi­ka­ti­on (neue Werk­stof­fe und neue Lie­fe­ran­ten) die Ver­sor­gungs­lü­cke geschlos­sen werden.

Lie­fe­ran­ten-Ein­käu­fer-Markt­macht-Port­fo­lio

Anhand dieses Port­fo­li­os können je nach (rela­ti­ver) Markt­macht des Ein­käu­fers typische Beschaf­fungs­stra­te­gien her­an­ge­zo­gen werden sowie Mög­lich­kei­ten zur Ver­grö­ße­rung der eigenen Markt­macht abge­lei­tet werden. Ein­käu­fer­macht ist typi­scher­wei­se dann gegeben, wenn z.B. eine gute Kenntnis der Ange­bots­sei­te hin­sicht­lich Preis, Qualität und Lie­fer­mög­lich­kei­ten vorliegt. Außerdem sollten etwa bei einem Lie­fe­ran­ten­wech­sel nur geringe Kosten ent­ste­hen und das Ein­kaufs­vo­lu­men einen hohen Anteil am Lie­fe­ran­ten­vo­lu­men haben. Im Gegen­satz dazu ist die Lie­fe­ran­ten­macht dann als hoch ein­zu­stu­fen, wenn keine Sub­sti­tu­ti­ons­mög­lich­keit für die Kunden besteht bzw. für den Ein­käu­fer hohe Kosten bei einem Lie­fe­ran­ten­wech­sel ent­ste­hen. Bei­spiels­wei­se ist auch dann von einer umfas­sen­den Lie­fe­ran­ten­macht aus­zu­ge­hen, wenn der Ein­käu­fer aufgrund des geringen Volumens (aus Lie­fe­ran­ten­sicht) als wenig bedeu­ten­der Kunde (C‑Kunde) anzu­se­hen ist.

Je nach Zusam­men­spiel von Ein­käu­fer- und Lie­fe­ran­ten­markt­macht (jeweils niedrig, mittel oder hoch, dar­stell­bar in einer 9‑Felder-Matrix) können unter­schied­li­che (Vorsorge)Maßnahmen für die Beschaf­fungs­ent­schei­dung getrof­fen werden. So kann es etwa aus Ein­käu­fer­sicht bei ungefähr aus­ge­gli­che­ner und hoher (Lie­fe­ran­ten bzw. Einkäufer)Macht ratsam sein, die Lager­hal­tung niedrig zu halten, die Preise aus­zu­rei­zen und Kontakte zu neuen Lie­fe­ran­ten zu knüpfen bzw. zu pflegen. Die Mög­lich­keit einer Sub­sti­tu­ti­on von Waren sollte beob­ach­tet werden. Es handelt sich dabei um die Abschöp­fungs­stra­te­gie, in deren Rahmen die Markt­chan­cen zur Erzie­lung güns­ti­ger Preise und Ver­trags­be­din­gun­gen genutzt werden sollten. Hingegen sollte bei einem aus­ge­gli­che­nen Kräf­te­ver­hält­nis auf eher nied­ri­gem Niveau die aktive Suche sowohl nach neuen Lie­fe­ran­ten als auch nach Sub­sti­tu­ti­ons­mög­lich­kei­ten vor­ge­nom­men werden. Außerdem sollte der Fokus auf den Aufbau von Vorräten und das Halten der Preise gerich­tet sein. 

Diese Maß­nah­men können idea­ler­wei­se dazu führen, dass Abhän­gig­kei­ten besei­tigt werden und die eigene Position gestärkt wird und es ins­ge­samt zur Umset­zung der Diver­si­fi­zie­rungs­stra­te­gie kommt. Schließ­lich kann sich das Ver­hält­nis der Markt­mäch­te auch so prä­sen­tie­ren, dass es aus Beschaf­fungs­per­spek­ti­ve vor­teil­haft sein kann (Stich­wort Selek­ti­ons­stra­te­gie), nur teil­wei­se neue Lie­fe­ran­ten auf­zu­neh­men und das Lager als Puffer zu benutzen. Diese Stra­te­gie ist auch durch das Erhalten von Markt­chan­cen durch Part­ner­schaf­ten gekennzeichnet.

Bild: © Tatesh — Fotolia