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Klienten-Info — Aktuell

BFG erneut zur Umsatz­steu­er­pflicht bei ent­gelt­li­cher Über­las­sung einer Patientenkartei

Kate­go­rien: Klienten-Info

Sep­tem­ber 2024 

Das BFG hatte sich unlängst (GZ RV/7105211/2018 vom 9.4.2024) mit der Frage aus­ein­an­der­zu­set­zen, ob der Verkauf der Pati­en­ten­kar­tei durch eine Ärztin an ihren Nach­fol­ger umsatz­steu­er­frei zu behan­deln ist oder nicht. Während das Finanz­amt der Ansicht war, dass eine umsatz­steu­er­pflich­ti­ge Lie­fe­rung vorliegt, wollte die Steu­er­pflich­ti­ge die Befrei­ung nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG geltend machen bzw. allen­falls jene nach § 6 Abs. 1 Z 26 UStG.

Das BFG setzt sich im Rahmen seiner Ent­schei­dungs­fin­dung mit beiden poten­zi­el­len Befrei­un­gen aus­ein­an­der. Ent­spre­chend der Mehr­wert­steu­er­sys­tem-Richt­li­nie sind Umsätze aus Heil­be­hand­lun­gen im Bereich der Human­me­di­zin, sofern sie von ärzt­li­chen und arzt­ähn­li­chen Berufen durch­ge­führt werden, von der Umsatz­steu­er befreit. Darunter versteht man nicht nur Leis­tun­gen zur Diagnose, Behand­lung und, soweit möglich, zur Heilung von Krank­hei­ten oder Gesund­heits­stö­run­gen, sondern auch ärzt­li­che Leis­tun­gen, die zum Zwecke der Vor­beu­gung von Krank­hei­ten erbracht werden.

Dem VwGH folgend fallen nur solche Tätig­kei­ten unter die Steu­er­be­frei­ung gem. Z 19, die durch das “Ärz­te­ge­setz 1998” abge­deckt sind. Dabei handelt es sich ins­be­son­de­re um Unter­su­chun­gen auf das Vor­lie­gen von kör­per­li­chen und psy­chi­schen Krank­hei­ten oder Stö­run­gen etc., die Beur­tei­lung und Behand­lung solch krank­haf­ter Zustände, die Vor­beu­gung von Erkran­kun­gen, die Ver­ord­nung von Heil­mit­teln bzw. Heil­be­hel­fen usw. Folglich bilden die im Ärz­te­ge­setz genann­ten Tätig­kei­ten den eigent­li­chen Gegen­stand eines ärzt­li­chen Unter­neh­mens. Davon abzu­gren­zen sind jene (Hilfs-)Geschäfte, die der Unter­neh­mer zur För­de­rung, Auf­recht­erhal­tung und Fort­füh­rung sowie zur all­fäl­li­gen Auf­lö­sung des Unter­neh­mens tätigt. Dem BFG folgend ist die Ver­äu­ße­rung gesam­mel­ter Pati­en­ten­in­for­ma­tio­nen in Form einer Pati­en­ten­kar­tei nicht dem Kern­be­reich der ärzt­li­chen Tätig­keit zuzu­rech­nen — sie stellt hingegen ein Hilfs­ge­schäft dar. Daher kann der Verkauf der Pati­en­ten­kar­tei nicht nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG steu­er­frei sein, weil es sich um keinen Umsatz aus Heil­be­hand­lun­gen im Bereich der Human­me­di­zin, die im Rahmen der ärzt­li­chen Tätig­keit durch­ge­führt werden, handelt, sondern um ein nicht steu­er­frei­es Hilfsgeschäft.

Unter Umstän­den kann ein solches Hilfs­ge­schäft nach § 6 Abs. 1 Z 26 UStG steu­er­frei sein, wobei dieser Tat­be­stand die Lie­fe­rung eines Gegen­stands vor­aus­setzt. Jedoch ist bereits einem früheren VwGH-Erkennt­nis folgend und entgegen den Umsatz­steu­er­richt­li­ni­en, aber in euro­pa­rechts­kon­for­mer Inter­pre­ta­ti­on, die Über­tra­gung eines Kun­den­stocks als sonstige Leistung und nicht als Lie­fe­rung zu beur­tei­len. Da der wirt­schaft­li­che Gehalt des Kaufes der Pati­en­ten­kar­tei im Erwerb von Infor­ma­tio­nen über Pati­en­ten liegt (nicht kör­per­li­cher Gegen­stand), ist von einem Umsatz aus einer Dienst­leis­tung und somit einer sons­ti­gen Leistung auszugehen.

Da folglich auch diese Befrei­ung im vor­lie­gen­den Fall nicht greift, ist dem BFG folgend der Verkauf der Pati­en­ten­kar­tei umsatz­steu­er­pflich­tig. Zweck des Verkaufs des Pati­en­ten­stocks ist die Auf­recht­erhal­tung bzw. Fort­füh­rung der Fach­arzt­pra­xis. Die wei­ter­ge­ge­be­nen Infor­ma­tio­nen im Pati­en­ten­stock stellen eine Hilfe für die rei­bungs­lo­se Ordi­na­ti­ons­fort­füh­rung dar. Der Verkauf ist eine sonstige Leistung und demnach ein Hilfs­ge­schäft zur ärzt­li­chen Tätig­keit — die genann­ten umsatz­steu­er­li­chen Steu­er­be­frei­un­gen kommen nicht zur Anwen­dung. Die Lie­fe­rung des Daten­trä­gers (i.S.d. Übergabe der Pati­en­ten­kar­tei) ist als eine unselb­stän­di­ge Neben­leis­tung der sons­ti­gen Leistung zu sehen — eine Befrei­ung für diese Lie­fe­rung i.S.v. Z 26 kommt daher nicht in Betracht.

Genauso hatte bereits das BFG im Jahr 2014 (siehe dazu KI 06/14) wie auch im Jahr 2016 (siehe dazu KI 10/16) ent­schie­den. Beide Male wurde vom BFG ent­schie­den, dass es sich bei der Über­tra­gung einer Pati­en­ten­kar­tei um eine umsatz­steu­er­pflich­ti­ge sonstige Leistung handelt. Für den regel­mä­ßig nicht zum Vor­steu­er­ab­zug berech­tig­ten Arzt als Erwerber der Pati­en­ten­kar­tei führt die Umsatz­steu­er­pflicht der Über­tra­gung typi­scher­wei­se zu einem Kostenfaktor.

Bild: © Adobe Stock — stokkete