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EU-Erwei­te­rung und Markenrecht


Juni 2004 

A. Erstre­ckung der Gemeinschaftsmarke

Mit dem Beitritt der neuen Mit­glieds­staa­ten wurden sämt­li­che Gemein­schafts­mar­ken mit einem Anmel­de­da­tum vor dem 1. Mai 2004 auto­ma­tisch und ohne weitere Gebühren auf die neuen Mit­glieds­staa­ten (in weiterer Folge kurz MS) erstreckt. Um das Ver­hält­nis zwischen den in der gesamten Union gültigen Gemein­schafts­mar­ken und den natio­na­len Mar­ken­rech­ten der neuen MS fest­zu­le­gen, wurden die fol­gen­den Rege­lun­gen getroffen. 

B. Wirkung der Erstreckung

1. Bestand­schutz für erstreck­te Gemeinschaftsmarken

a) Kein nach­träg­li­cher Wegfall der Schutz­fä­hig­keit durch die Erweiterung

Die Ein­tra­gung einer erstreck­ten Gemein­schafts­mar­ken-Anmel­dung kann nach dem Beitritt nicht aufgrund abso­lu­ter Schutz­ver­wei­ge­rungs­grün­de versagt werden, die nur durch den Beitritt neuer MS ent­stan­den sind. Sollte eine erstreck­te Gemein­schafts­mar­ke bei­spiels­wei­se in einer der Sprachen der neuen MS beschrei­bend sein, nicht als Her­kunfts­hin­weis dienen können oder eine Gat­tungs­be­zeich­nung dar­stel­len, ist sie dennoch einzutragen.

b) Wider­spruch gegen erstreck­te Gemein­schafts­mar­ken nur in Ausnahmefällen

Ein Wider­spruch aufgrund älterer natio­na­ler Rechte aus den neuen MS kann nur gegen solche erstreck­te Gemein­schafts­mar­ken erhoben werden, die zwischen dem 1. November 2003 und dem 30. April 2004 ange­mel­det wurden. Der Wider­spruch ist unter fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen möglich:

• Das Prio­ri­täts­da­tum des natio­na­len Rechts muss älter sein als das Prio­ri­täts­da­tum der erstreck­ten Gemein­schafts­mar­ken und

• das ältere natio­na­le Recht muss gut­gläu­big erworben worden sein.

c) Keine Nich­tig­erklä­rung erstreck­ter Gemein­schafts­mar­ken aufgrund des Bei­tritts neuer MS

Erstreck­te Gemein­schafts­mar­ken sind vor einer nach­träg­li­chen Löschung auf der Grund­la­ge abso­lu­ter Nich­tig­keits­grün­de geschützt, die erst durch den Beitritt eines neuen MS ent­stan­den sind. Der prak­tisch bedeu­tends­te Nich­tig­keits­grund ist der Verstoß gegen absolute Schutz­ver­wei­ge­rungs­grün­de (vgl. B. 1. a). Eben­so­we­nig können erstreck­te Gemein­schafts­mar­ken aufgrund älterer natio­na­ler Rechte aus den neuen MS für nichtig erklärt werden. 

2. Mög­lich­keit der Unter­sa­gung der Benut­zung erstreck­ter Gemeinschaftsmarken

Erstreck­te Gemein­schafts­mar­ken genießen in den neuen MS nur die Prio­ri­tät des 1. Mai 2004. Inhaber älterer natio­na­ler Rechte aus den neuen MS können im jewei­li­gen MS die Benut­zung einer erstreck­ten Gemein­schafts­mar­ke unter­sa­gen, wenn das ältere Recht in dem Staat vor dem 1. Mai 2004 ange­mel­det wurde oder ein Prio­ri­täts­da­tum vor dem 1. Mai 2004 hat. Wie im Fall des aus­nahms­wei­se gestat­te­ten Wider­spruchs ist auch hier die Gut­gläu­big­keit des Erwerbs not­wen­dig, um sich auf ein älteres natio­na­les Recht stützen zu können.

Für die Unter­sa­gung der Benut­zung von Gemein­schafts­mar­ken darf der Anspruch nicht bereits verwirkt sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Inhaber des älteren Rechts eine fünf­jäh­ri­ge Benut­zung der jüngeren Gemein­schafts­mar­ken im MS des älteren Rechts wis­sent­lich geduldet hat. 

C. Vorteile der Erstreckung

Inhaber erstreck­ter Gemein­schafts­mar­ken erhalten mit 1. Mai 2004 auto­ma­tisch und ohne Kos­ten­auf­wand mar­ken­recht­li­chen Schutz mit den erwähn­ten Vor­tei­len in allen neuen Staaten der EU.

Darüber hinaus können Inhaber erstreck­ter Gemein­schafts­mar­ken unter gewissen Vor­aus­set­zun­gen für ihre iden­ti­schen natio­na­len Marken aus den neuen MS einen Zeitrang bean­spru­chen. Bei Zuer­ken­nung eines Zeitran­ges hat der Inhaber der Gemein­schafts­mar­ken auch dann noch die Rechte aus der natio­na­len Marke, wenn diese bereits erlo­schen ist. Die Zuer­ken­nung eines Zeitran­ges spart daher Schutz­dauer­ge­büh­ren in den betref­fen­den neuen MS und erleich­tert überdies die zentrale Ver­wal­tung der Markenrechte.

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