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Ver­rech­nungs­prei­se – kon­zern­in­tern ist nicht alles erlaubt

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

November 2009 

Die Glo­ba­li­sie­rung hat es mit sich gebracht, dass Unter­neh­men mit Nie­der­las­sun­gen in ver­schie­de­nen Ländern tätig werden und kon­zern­in­tern Waren und Dienst­leis­tun­gen aus­ge­tauscht werden. Dies kann betriebs­wirt­schaft­lich sinnvoll sein, da einzelne Bereiche wie z.B. die Pro­duk­ti­on in bestimm­ten (Billiglohn)Ländern güns­ti­ger ist und sich etwa auch durch die Kon­zen­tra­ti­on von Funk­tio­nen (z.B. Finan­zie­rungs­funk­ti­on oder Cash Pooling) ins­ge­samt Vorteile für das gesamte Unter­neh­men ergeben können.

(Konzern)Verrechnungspreise als Maßstab für gelie­fer­te Waren und erbrach­te Dienst­leis­tun­gen sind betriebs­wirt­schaft­lich not­wen­dig, da die ein­zel­nen Teile des Konzerns optimale Ergeb­nis­se erzielen wollen und auch oftmals die Manage­ment­ver­gü­tun­gen vom Ergebnis beein­flusst werden. Steu­er­lich sind Ver­rech­nungs­prei­se vor allem auf die Pro­ble­ma­tik zurück­zu­füh­ren, dass durch nicht fremd­üb­li­che Ver­rech­nungs­prei­se Ergeb­nis­se verzerrt werden und Unter­neh­mens­ge­win­ne in Länder mit einem nied­ri­gen Steu­er­ni­veau ver­scho­ben werden können. Der oberste Grund­satz in der Ver­rech­nungs­preis­ge­stal­tung ist daher jener der Fremd­üb­lich­keit (Arm’s length Prinzip), dem­zu­fol­ge kon­zern­in­tern Preise wie zwischen fremden Dritten ange­setzt werden müssen. Da ein Ver­gleichs­preis in der Praxis oftmals nicht leicht eru­ier­bar ist, haben sich inter­na­tio­nal diverse Methoden der Ver­rech­nungs­preis­er­mitt­lung, mit ver­schie­de­nen Stärken und Schwä­chen sowie unter­schied­li­cher Wer­tig­keit, her­aus­ge­bil­det. Neben den Stan­dard­me­tho­den – Preis­ver­gleichs­me­tho­de, Wie­der­ver­kaufs­preis­me­tho­de und Kos­ten­auf­schlags­me­tho­de – gibt es auch Methoden, bei denen mithilfe von Daten­bank­stu­di­en ein mög­lichst rich­ti­ger Ver­rech­nungs­preis ermit­telt wird.

Da die Über­prü­fung von Ver­rech­nungs­prei­sen bei Betriebs­prü­fun­gen (Steu­er­prü­fun­gen) immer mehr in den Vor­der­grund rückt, sind öster­rei­chi­sche Unter­neh­men mit Nie­der­las­sun­gen im Ausland gut beraten, die Ver­rech­nungs­prei­se gewis­sen­haft zu wählen und die Ermitt­lung bzw. damit zusam­men­hän­gen­de Umstände aus­rei­chend zu doku­men­tie­ren. Ins­be­son­de­re von Finanz­ver­wal­tun­gen im (Süd)Osteuroparaum wird oftmals im Rahmen einer Prüfung verlangt, die Ver­rech­nungs­preis­do­ku­men­ta­ti­on inner­halb weniger Tage vor­zu­le­gen, wobei neben Ver­spä­tungs- und Straf­zu­schlä­gen die schlim­me­re Kon­se­quenz darin zu sehen ist, dass der Ver­rech­nungs­preis in der vor­lie­gen­den Form nicht aner­kannt wird.

Anfor­de­run­gen an die Verrechnungspreisdokumentation

Eine Ver­rech­nungs­preis­do­ku­men­ta­ti­on beinhal­tet je nachdem ob sie sich aus einer Sach­ver­halts­do­ku­men­ta­ti­on oder auch aus einer Ange­mes­sen­heits­do­ku­men­ta­ti­on zusam­men­setzt, unter­schied­li­che Kom­po­nen­ten. Neben einer Beschrei­bung des Unter­neh­mens und des Markt­um­felds sowie des Indus­trie- bzw. Geschäfts­um­felds erfolgt auch regel­mä­ßig eine Dar­stel­lung der ver­schie­de­nen Funk­tio­nen und damit ver­bun­de­nen Risiken. Die Ermitt­lung und Recht­fer­ti­gung des pas­sen­den Ver­rech­nungs­prei­ses (welche Methode und welche Höhe?) hängt auch stark von den tat­säch­lich aus­ge­üb­ten Funk­tio­nen und getra­ge­nen Risiken (z.B. Markt­ri­si­ko, Wäh­rungs­ri­si­ko etc.) ab. Da Ver­rech­nungs­prei­se immer zwischen zwei (ver­bun­de­nen) Unter­neh­men zu betrach­ten sind, ist eine Funk­ti­ons- und Risi­ko­ana­ly­se (welches Unter­neh­men übt welche Funktion aus bzw. trägt welchen Anteil am Risiko?) sehr hilf­reich. Aus den viel­fäl­ti­gen Infor­ma­tio­nen, die in einer Ver­rech­nungs­preis­do­ku­men­ta­ti­on vor­zu­fin­den sind, lässt sich leicht erahnen, dass die (erst­ma­li­ge) Erstel­lung einer Ver­rech­nungs­preis­do­ku­men­ta­ti­on inner­halb weniger Tage – z.B. aufgrund einer Betriebs­prü­fung — nur äußerst schwer möglich ist. Da sich Unter­neh­men im Laufe der Zeit ver­än­dern, ist es not­wen­dig, die Ver­rech­nungs­preis­do­ku­men­ta­ti­on laufend zu warten und an geän­der­te Umstände anzupassen.

Unter­neh­mens­um­struk­tu­rie­run­gen stärker im Blickfeld

Die Bedeu­tung von Ver­rech­nungs­prei­sen hat weltweit nicht nur hin­sicht­lich der fremd­üb­li­chen Ver­gü­tung des lau­fen­den Leis­tungs­aus­tau­sches inner­halb von Kon­zer­nen zuge­nom­men, sondern auch bei der Beur­tei­lung von grenz­über­schrei­ten­den Umstruk­tu­rie­rungs­maß­nah­men. Der Hin­ter­ge­dan­ke besteht darin, dass bei der Über­tra­gung von Funk­tio­nen bzw. eines Unter­neh­mens­be­reichs, der z.B. im Hei­mat­land (teuer und lange) auf­ge­baut wurde, ein fremder Dritter eine ent­spre­chen­de (letzt­ma­li­ge) Ver­gü­tung fordern würde. Ein typi­scher grenz­über­schrei­ten­der Umstruk­tu­rie­rungs­vor­gang ist z.B. die Ver­la­ge­rung der Pro­duk­ti­ons­funk­ti­on in ein Land mit nied­ri­gem Lohn­ni­veau. Ein über die Auf­de­ckung von stillen Reserven bei der Über­tra­gung von mate­ri­el­len und imma­te­ri­el­len Wirt­schafts­gü­tern hin­aus­ge­hen­des Besteue­rungs­recht sieht z.B. Deutsch­land als gerecht­fer­tigt an – folglich sollen auch (ent­gan­ge­ne) Gewinn­chan­cen in die Besteue­rung ein­flie­ßen. Wenn­gleich die OECD einen mode­ra­te­ren Ansatz vertritt, ist weltweit eine Tendenz zur kri­ti­schen Hin­ter­fra­gung von Umstruk­tu­rie­run­gen auszumachen.

2010 werden vor­aus­sicht­lich öster­rei­chi­sche Ver­rech­nungs­preis­richt­li­ni­en ver­öf­fent­licht werden, wodurch einer­seits eine Ori­en­tie­rung für Unter­neh­men geschaf­fen wird und ande­rer­seits das ver­stärk­te Inter­es­se öster­rei­chi­scher Betriebs­prü­fer an der Ver­rech­nungs­preis­the­ma­tik zum Ausdruck kommt. Um bei kom­ple­xen Umstruk­tu­rie­rungs­maß­nah­men gewisse Rechts­si­cher­heit zu gewinnen, besteht wei­ter­hin die Mög­lich­keit, eine Vor­be­ur­tei­lung der Finanz­ver­wal­tung in einem „Advanced Pricing Agree­ment“ anzu­stre­ben.

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