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Artikel zum Thema: Abzugsteuer

BMF-Erlass zur grenz­über­schrei­ten­den Arbeitskräftegestellung

Kate­go­rien: Klienten-Info

Sep­tem­ber 2014 

Nachdem der VwGH im Mai 2013 zu einer bedeut­sa­men Ent­schei­dung in punkto grenz­über­schrei­ten­de Arbeits­kräf­te­ge­stel­lung gekommen ist, hat nunmehr das BMF in einem Erlass (BMF-010221/0362-VI/8/2014 vom 12. Juni 2014) diese Recht­spre­chung umge­setzt und kon­kre­ti­siert. Die VwGH-Ent­schei­dung besagt, dass der abkom­mens­recht­li­che Begriff „Arbeit­ge­ber“ gem. Art. 15 Abs. 2 OECD-Mus­ter­ab­kom­men nach wirt­schaft­li­chem Ver­ständ­nis aus­zu­le­gen ist. Es kommt also aus öster­rei­chi­scher Per­spek­ti­ve für das Besteue­rungs­recht an den unselb­stän­di­gen Ein­künf­ten des über­las­se­nen Arbeit­neh­mers nicht darauf an, wer der formale Arbeit­ge­ber ist bzw. die Arbeit­neh­mer­ver­gü­tung auszahlt, sondern wer sie wirt­schaft­lich tragen muss.

Während die öster­rei­chi­sche Finanz­ver­wal­tung früher grund­sätz­lich der Ansicht war, dass bei grenz­über­schrei­ten­der Arbeits­kräf­te­über­las­sung für die Bestim­mung des Arbeit­ge­bers i.S.d. DBA an zivil­recht­li­che bzw. arbeits­recht­li­che Merkmale anzu­knüp­fen sei, führt das Abstel­len auf den wirt­schaft­li­chen Arbeit­ge­ber nunmehr dazu, dass dem Beschäf­ti­ger (Gestel­lungs­neh­mer) und nicht mehr dem Über­las­ser die Arbeit­ge­b­er­ei­gen­schaft zukommt. In Folge zeigt die 183-Tage-Regelung nur mehr in Aus­nah­me­fäl­len Wirkung – regel­mä­ßig kommt dem Tätig­keits­staat (Beschäf­ti­ger­staat) das Besteue­rungs­recht zu. Von Bedeu­tung ist, dass sich der Erlass aus­schließ­lich auf das zwi­schen­staat­li­che Steu­er­recht bezieht und auch nur auf reine Pas­siv­leis­tun­gen (d.h. die klas­si­sche Arbeits­kräf­te­über­las­sung) anzu­wen­den ist. Folglich ist der wirt­schaft­li­che Arbeit­ge­ber­be­griff nicht für Aktiv­leis­tun­gen maß­ge­bend – eine solche Aktiv­leis­tung ist bei­spiels­wei­se anzu­neh­men, wenn ein Arbeit­neh­mer für mehrere Wochen zu einer aus­län­di­schen Toch­ter­ge­sell­schaft ent­sen­det wird, um dort die Umset­zung einer welt­wei­ten Mar­ke­ting­stra­te­gie zu über­wa­chen.

In „Outbound-Fällen“ (Ent­sen­dung eines öster­rei­chi­schen Arbeit­neh­mers ins Ausland) stellt Öster­reich die auf die Über­las­sungs­tä­tig­keit ent­fal­len­den Ein­künf­te des Dienst­neh­mers zur Besteue­rung im Tätig­keits­staat frei (unter Pro­gres­si­ons­vor­be­halt), sofern auch der andere Staat der wirt­schaft­li­chen Aus­le­gung des Arbeit­ge­ber­be­griffs folgt und von seinem Besteue­rungs­recht ausgeht. Für die Steu­er­frei­stel­lung in Öster­reich sollte aus Doku­men­ta­ti­ons­zwe­cken ein Besteue­rungs­nach­weis des Beschäf­ti­ger­staats vor­ge­legt werden. Alter­na­tiv kann dem Erlass folgend auch dann in Öster­reich eine Steu­er­frei­stel­lung erreicht werden, wenn nach­ge­wie­sen wird, dass sich durch Anwen­dung des aus­län­di­schen natio­na­len Rechts keine Besteue­rung ergibt. Bei Arbeits­kräf­te­über­las­sun­gen nach Öster­reich (“Inbound-Fälle“) spielt die tat­säch­li­che Dauer nunmehr ebenso keine Rolle. Das Besteue­rungs­recht Öster­reichs an dem ent­spre­chen­den Gehalt für den ent­sen­de­ten Arbeit­neh­mer kann entweder durch die Option zum frei­wil­li­gen Lohn­steu­er­ab­zug oder durch die Ein­be­hal­tung und Abfuhr einer 20%igen Abzug­steu­er auf die Gestel­lungs­ver­gü­tung erfüllt werden (d.h. der öster­rei­chi­sche Beschäf­ti­ger über­weist nur 80% an den aus­län­di­schen Über­las­ser). Die Abzug­steu­er gilt grund­sätz­lich glei­cher­ma­ßen für die gewerb­li­che Über­las­sung von Personal (zwischen fremden Dritten) wie auch für Arbeits­kräf­te­über­las­sung im Konzern. Immerhin sieht der Erlass vor, dass bei der Arbeits­kräf­te­über­las­sung im Konzern bestimm­te Teile der Gestel­lungs­ver­gü­tung, wie etwa Lohn­ne­ben­kos­ten, Gemein­kos­ten und Gewinn­auf­schlag, aus der Bemes­sungs­grund­la­ge für die Abzugsteuer aus­zu­scheiden sind.

Schließ­lich behan­delt der Erlass noch die grenz­über­schrei­ten­de Arbeits­kräf­te­über­las­sung im Ver­hält­nis zu Deutsch­land. Durch die nunmehr dia­me­tral geän­der­te Ansicht Öster­reichs kommt es zur Über­ein­stim­mung mit Deutsch­land dahin­ge­hend, dass die 183-Tage-Regelung nur für die gewerbs­mä­ßi­ge Arbeits­kräf­te­über­las­sung gelten soll. Für sonstige Formen der Per­so­nal­über­las­sung, wie etwa im Konzern, gilt, dass das beschäf­ti­gen­de Unter­neh­men als Arbeit­ge­ber im Sinne des DBA anzu­se­hen ist und daher die Dauer der Über­las­sung für das Besteue­rungs­recht keine Rolle spielt.

Positiv ist, dass es durch die geän­der­te Ansicht der öster­rei­chi­schen Finanz­ver­wal­tung hin zum wirt­schaft­li­chen Arbeit­ge­ber ver­mut­lich zu weniger Qua­li­fi­ka­ti­ons­kon­flik­ten mit anderen Staaten kommen wird. Aller­dings ist durch die Ein­däm­mung der 183-Tage-Regelung als Tole­ranz­re­ge­lung für kurz­fris­ti­ge Arbeits­kräf­te­über­las­sun­gen sowie durch zusätz­li­che Nach­weis­pflich­ten ein erhöhter admi­nis­tra­ti­ver Aufwand für den Steu­er­pflich­ti­gen zu erwarten. 

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