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Artikel zum Thema: Einkommensteuertarif

Koste es, was es wolle — weitere Maß­nah­men gegen die Corona-Krise geplant (Kon­junk­tur­stär­kungs­ge­setz 2020)

Kate­go­rien: Klienten-Info

Juli 2020 

Im Rahmen der Regie­rungs­klau­sur Mitte Juni 2020 wurden die bud­ge­tä­ren Mittel zur Bekämp­fung der COVID-19-Krise ein weiteres Mal auf­ge­stockt. Das Plus beträgt zusätz­li­che 19 Mrd. €, sodass mithilfe von ins­ge­samt rund 50 Mrd. € die öster­rei­chi­sche Wirt­schaft wieder ins Rollen gebracht werden soll. Von den Maß­nah­men her betrach­tet sind vor allem die soge­nann­ten “zusätz­li­chen Ret­tungs­kos­ten” im Ret­tungs­schirm her­vor­zu­he­ben. Dieses Maß­nah­men­bün­del und weitere wichtige Schritte sollen nach­fol­gend über­blicks­mä­ßig dar­ge­stellt werden. Die meisten der Maß­nah­men sind im soge­nann­ten “Kon­junk­tur­stär­kungs­ge­setz 2020 ent­hal­ten, welches aktuell im Begut­ach­tungs­ent­wurf vorliegt. Die Beschluss­fas­sung ist im Natio­nal­rat für den 30.6. sowie im Bun­des­rat für den 2.7. vorgesehen.

Rück­wir­ken­de Senkung der Einkommensteuer

Der Ein­kom­men­steu­er­satz für Ein­kom­mens­tei­le über 11.000 € soll von 25% auf 20% abge­senkt werden und somit zur Steu­er­ent­las­tung bei­tra­gen. Diese Maßnahme — es handelt sich dabei um das Vor­zie­hen der Lohn­steu­er­re­form — soll rück­wir­kend ab 1. Jänner 2020 gelten und auch dazu bei­tra­gen, den Konsum wieder anzu­kur­beln. Arbeit­ge­ber müssen sicher­stel­len, dass der Vorteil aus der Steu­er­sen­kung ihren Ange­stell­ten mittels Auf­rol­lung bis Ende Sep­tem­ber 2020 zukommt. Wer aufgrund seines geringen Ein­kom­mens keine Steuern zahlt, soll in Form einer Sozi­al­ver­si­che­rungs­gut­schrift eine zusätz­li­che Nega­tiv­steu­er von 100 € erhalten (der SV-Bonus im Rahmen der SV-Rück­erstat­tung beträgt also maximal 400 € anstelle von 300 €). Auf der anderen Seite des pro­gres­si­ven Ein­kom­men­steu­er­ta­rifs soll der Spit­zen­steu­er­satz von 55% für Ein­kom­men ab 1 Mio. € bis zum Jahr 2025 (anstelle 2020) bei­be­hal­ten werden.

360 € Kin­der­bo­nus pro Kind

Zur Unter­stüt­zung von Familien — etwa bei der Abde­ckung von für “Home-Schoo­ling” oder für den Kauf von neuen Schul­sa­chen ange­fal­le­nen Kosten — soll ein Kin­der­bo­nus von 360 € pro Kind bei­tra­gen. Die Aus­zah­lung erfolgt im Sep­tem­ber gemein­sam mit der Fami­li­en­bei­hil­fe. Bereits früher soll der “Kin­der­zu­schuss” helfen, welcher ab 13. Juli aus dem Fami­li­en­kri­sen­fonds aus­ge­zahlt wird. Hierbei beziehen Arbeits­lo­se sowie Not­stands- und Sozi­al­hil­fe­be­zie­her mit Kindern auto­ma­tisch 100 € pro Kind.

Ein­mal­zah­lung für Arbeitslose

Anstelle einer gene­rel­len Erhöhung des Arbeits­lo­sen­gel­des soll im Sep­tem­ber dieses Jahres eine zusätz­li­che Ein­mal­zah­lung an Arbeits­lo­se i.H.v. 450 € erfolgen. Anspruchs­be­rech­tigt sind jene Personen, die zwischen Juni und Sep­tem­ber 2020 min­des­tens zwei Monate ohne Arbeit waren.

Maß­nah­men­bün­del für Unternehmen

Die weiteren Maß­nah­men zur Unter­stüt­zung der von der Corona-Krise betrof­fe­nen Unter­neh­men sollen eine Inves­ti­ti­ons­prä­mie von 14% ent­hal­ten, um die Inves­ti­ti­ons­be­reit­schaft der Wirt­schaft wieder anzu­kur­beln. Diese COVID-19-Inves­ti­ti­ons­prä­mie kann zwischen Anfang Sep­tem­ber 2020 und Ende Februar 2021 in Anspruch genommen werden. Geför­dert sind mate­ri­el­le und imma­te­ri­el­le Neu­in­ves­ti­tio­nen ins abnutz­ba­re Anla­ge­ver­mö­gen in Öster­reich. Aus­ge­nom­men davon sind kli­ma­schäd­li­che Neu­in­ves­ti­tio­nen (Stich­wort fossile Ener­gie­trä­ger), unbe­bau­te Grund­stü­cke, Finanz­an­la­gen, Unter­neh­mens­über­nah­men und akti­vier­te Eigen­leis­tun­gen. Grund­sätz­lich beträgt die Inves­ti­ti­ons­prä­mie 7% der för­der­fä­hi­gen Kosten — zu einer Ver­dop­pe­lung auf 14% kommt es, wenn die Inves­ti­ti­on i.Z.m. Digi­ta­li­sie­rung, Öko­lo­gi­sie­rung, Gesund­heit und Life Science steht. Die Abwick­lung der Inves­ti­ti­ons­prä­mie soll über die aws erfolgen.

Ein Novum für das öster­rei­chi­sche Steu­er­recht stellt der geplante Ver­lust­rück­trag dar. Im Detail sollen im Jahr 2020 erzielte Verluste auf Antrag mit Gewinnen aus den Jahren 2019 und 2018 gegen­ge­rech­net werden können (höchs­tens 5 Mio. €). Für Unter­neh­men kann es dadurch de facto zu einer Steu­er­rück­zah­lung aus den letzten zwei Jahren kommen und folglich die Liqui­di­tät erhöht werden. Ebenso müssten ver­mut­lich (Teile der) kri­sen­be­ding­ten Steu­er­stun­dun­gen aufgrund des Ver­lust­rück­trags über­haupt nicht mehr zurück­ge­zahlt werden.

Eine Ver­län­ge­rung des Fix­kos­ten­zu­schus­ses (siehe auch KI 05/20) um 6 Monate steht ebenso im Raum. Der Fix­kos­ten­zu­schuss und das später noch genauer beschrie­be­ne “Kre­dit­mo­ra­to­ri­um” sollen auch die Kunst- und Kul­tur­bran­che fördern und einen Neustart des Kul­tur­le­bens ermög­li­chen. Darüber hinaus ist noch die Stärkung der Eigen­ka­pi­tal­ba­sis der öster­rei­chi­schen Unter­neh­men in Planung — etwa durch steu­er­li­che Begüns­ti­gun­gen oder mittels vom Staat unter­stütz­ter Eigenkapitalfonds.

Schließ­lich soll auch — unbe­fris­tet — eine degres­si­ve Abschrei­bungs­mög­lich­keit auf Inves­ti­tio­nen nach dem 30.6.2020 ein­ge­führt werden, wodurch gleich im ersten Jahr bis zu 30% der Anschaf­fungs­kos­ten des begüns­tig­ten Wirt­schafts­guts steu­er­lich abge­schrie­ben werden können. Konkret stellt die degres­si­ve Abschrei­bung eine Alter­na­ti­ve zur linearen Abschrei­bung dar. Aller­dings sollen einige Wirt­schafts­gü­ter von der degres­si­ven Abschrei­bungs­mög­lich­keit aus­ge­schlos­sen sein — es handelt sich dabei z.B. um unkör­per­li­che oder gebrauch­te Wirt­schafts­gü­ter, Gebäude (hier ist eine beschleu­nig­te lineare Abschrei­bung geplant), (grund­sätz­lich) Pkws und Kombis, mit fossiler Energie betrie­be­ne Ener­gie­er­zeu­gungs­an­la­gen usw. Während ein Wechsel von der degres­si­ven zur linearen Abschrei­bung möglich ist, ist dies umge­kehrt aus­ge­schlos­sen. Für nach dem 30. Juni 2020 ange­schaff­te Gebäude soll eine schnel­le­re Abschrei­bung möglich sein, indem im ersten Jahr eine “drei­fa­che Abschrei­bung” und im zweiten Jahr eine zwei­fa­che Abschrei­bung des Gebäudes steu­er­lich geltend gemacht werden kann. Bei einem Büro­ge­bäu­de gilt daher bei­spiels­wei­se eine AfA von 7,5% im ersten Jahr und 5% im zweiten Jahr; danach geht es mit der AfA von 2,5% weiter. Die Halb­jah­res­ab­schrei­bungs­re­ge­lung soll übrigens bei Gebäuden nicht zur Anwen­dung kommen.

Größerer zeit­li­cher Spiel­raum bei bestehen­den Krediten

Unter­neh­men stehen vielfach vor Liqui­di­täts­pro­ble­men, da auch länger bestehen­de Kredite bedient und rück­ge­führt werden müssen. Ein Kre­dit­mo­ra­to­ri­um soll gerade kleine und mittlere Betriebe unter­stüt­zen, indem durch die Umwand­lung von Inves­ti­ti­ons­kre­di­ten und bereits bestehen­den Krediten in Betriebs­mit­tel­kre­di­te fällige Kredite erst viel später zurück­ge­zahlt werden müssen.

Absen­kung der Umsatz­steu­er auf 5%

Die Umsatz­steu­er auf Speisen und Getränke, in der Kul­tur­bran­che sowie im publi­zie­ren­den Bereich soll temporär auf 5% gesenkt werden, um auch die beson­ders von der COVID-19-Krise betrof­fe­nen Branchen Gas­tro­no­mie und Tou­ris­mus stärken zu können. Im Detail sollen die 5% Umsatz­steu­er von 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 gelten und auf die Abgabe aller Speisen und Getränke in Gas­tro­no­mie­be­trie­ben, auf den Besuch von Museen, Kinos oder Musik­ver­an­stal­tun­gen und auf den publi­zie­ren­den Bereich anwend­bar sein. Weniger Umsatz­steu­er fällt demnach auch auf Speisen und Getränke in Alm­hüt­ten an wie auch auf Bücher, Bro­schü­ren, kar­to­gra­fi­sche Erzeug­nis­se aller Art usw. Da Öster­reich mit dem 5% USt-Satz dann ins­ge­samt drei ermä­ßig­te Umsatz­steu­er­sät­ze hätte (5%, 10% und 13%), muss eine Zustim­mung durch die EU-Kom­mis­si­on zu dieser Begüns­ti­gung erfolgen.

Der tem­po­rä­re 5% Umsatz­steu­er­satz muss auch in den Regis­trier­kas­sen­sys­te­men ent­spre­chend umge­setzt werden. Das BMF bietet Ant­wor­ten zu häufigen Fragen in den Berei­chen Regis­trier­kas­sen­sys­tem, Signa­tur­er­stel­lung und Bele­ger­stel­lung unter https://www.bmf.gv.at/public/informationen/informationen-coronavirus/registrierkassen.html. Überdies wird klar­ge­stellt, dass der neue Umsatz­steu­er­satz bereits mit 1. Juli 2020 im Kas­sen­sys­tem hin­ter­legt und ver­rech­net werden kann, damit es nicht zu nach­träg­li­chen Rech­nungs­kor­rek­tu­ren und Rück­for­de­run­gen von Umsatz­steu­er­be­trä­gen kommt. Schließ­lich können zwischen Anfang Juli und Ende Dezember 2020 sogar Text­an­mer­kun­gen oder hän­di­sche Kor­rek­tu­ren auf den Belegen vor­ge­nom­men werden, ohne dass es zu einem Verstoß gegen die gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen an die Bele­ger­stel­lung nach der Regis­trier­kas­sen­si­cher­heits­ver­ord­nung kommt.

Ent­las­tung für Land- und Forstwirte

Land­wir­te sollen rück­wir­kend ab 1. Jänner 2020 höhere Pen­sio­nen bekommen und auch von der Strei­chung des Soli­da­ri­täts­bei­trags von 0,5% pro­fi­tie­ren. Ebenso kommt es durch das Anglei­chen der Kran­ken­ver­si­che­rungs-Min­dest­bei­trags­grund­la­ge zu Ent­las­tun­gen i.H.v. mehreren 100 € pro Jahr. Die für die Buch­füh­rungs­pflicht von land- und forst­wirt­schaft­li­chen Betrie­ben maß­geb­li­che Umsatz­gren­ze soll schließ­lich von 550.000 € auf 700.000 € erhöht werden.

Aus­deh­nung der Steu­er­stun­dun­gen bis Mitte Jänner 2021

Von der Krise betrof­fe­ne Unter­neh­men (wie auch die Finanz­ver­wal­tung selbst) sollen von admi­nis­tra­ti­ven Hürden befreit werden, indem Steu­er­stun­dun­gen auto­ma­tisch bis zum 15. Jänner 2021 ver­län­gert werden. Konkret hat dies zur Folge, dass die Rück­zah­lung von Steuern über das Jahr 2020 hinaus ver­scho­ben werden kann — neu­er­li­che Antrag­stel­lung wie auch Beschei­der­las­sung sind nicht notwendig.

Keine Steu­er­nach­tei­le auf Son­der­zah­lun­gen bei Kurzarbeit

Bei der Inan­spruch­nah­me von Kurz­ar­beit kann es zu einer höheren Besteue­rung des “Urlaubs- und Weih­nachts­gel­des” (Son­der­zah­lun­gen) kommen. Dies liegt an der recht neuen Regelung, der zufolge alle Teile der Son­der­zah­lun­gen, welche das Durch­schnitts­ge­halt (“Kon­troll­sechs­tel”) über­stei­gen, am Jah­res­en­de zum normalen Steu­er­ta­rif nach­ver­steu­ert werden müssen. Die Kurz­ar­beits­re­ge­lung führt dazu, dass 80% bis 90% des ursprüng­li­chen Gehalts bezogen werden, die steu­er­be­güns­tig­ten Son­der­zah­lun­gen jedoch von 100% des ursprüng­li­chen Gehalts bemessen werden. Folglich müsste für jenen Teil des Urlaubs- und Weih­nacht­gel­des, welcher den durch­schnitt­li­chen Lohn des Jahres über­steigt (dies ist aufgrund der Kurz­ar­beit der Fall), die volle Lohn­steu­er anstelle der 6%igen begüns­tig­ten Besteue­rung bezahlt werden. Die Regie­rung hat Maß­nah­men ver­spro­chen, um diesen Nachteil bei Kurz­ar­beit aus­zu­glei­chen. Generell trifft die Regelung mit dem Kon­troll­sechs­tel all jene, deren Lohn gegen Jah­res­en­de stark sinkt, bei­spiels­wei­se aufgrund von Karenz oder Arbeits­lo­sig­keit — es kommt dann zu einer höheren Besteue­rung der Sonderzahlungen.

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