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Artikel zum Thema: Einkunftsquelle

VwGH zur Über­tra­gung eines Frucht­ge­nuss­rechts gegen Ablöse

Kate­go­rien: Klienten-Info , Ver­mie­ter-Info

August 2017 

Bei der Ein­räu­mung eines Frucht­ge­nuss­rechts erhält der Frucht­nie­ßer das ding­li­che Recht, eine fremde Sache, oft ein Grund­stück eines Dritten, ohne jede Ein­schrän­kung und unter Schonung der Substanz zu gebrau­chen. Der Frucht­ge­nuss­be­stel­ler bleibt zivil­recht­lich der Eigen­tü­mer. Wird die Ein­räu­mung eines Frucht­ge­nuss­rechts steu­er­lich wirksam aus­ge­stal­tet, so kommt es beim Frucht­ge­nuss­be­rech­tig­ten (Frucht­nie­ßer), sofern er die Immo­bi­lie ver­mie­tet, zu Ein­künf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung. Los­ge­löst von der Ein­räu­mung des Frucht­ge­nuss­rechts war bisher unklar wie es um die steu­er­li­che Situa­ti­on beim Verkauf eines Frucht­ge­nuss­rechts gegen Ablöse bestellt ist.

Die Finanz­ver­wal­tung vertrat bisher die Meinung (Rz. 115a Ein­kom­men­steu­er­richt­li­ni­en), dass bei einer ent­gelt­li­chen Über­tra­gung eines Frucht­ge­nuss­rechts an einen Dritten - ver­gleich­bar der Unter­ver­mie­tung durch einen Haupt­mie­ter — die Ablöse generell den Ein­künf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zuzu­ord­nen ist. Diese Meinung wurde durch ein Erkennt­nis des VwGH aus dem Jahr 2010 begrün­det (GZ 2009/15/0046 vom 21.12.2010). In diesem Fall hatte eine Mutter ihrer Tochter ein Grund­stück über­tra­gen und sich dabei das Frucht­ge­nuss­recht vor­be­hal­ten. Die Mutter übertrug dar­auf­hin das Frucht­ge­nuss­recht einer Per­so­nen­ge­sell­schaft (die gleich­zei­tig auch Mieterin war) gegen Entgelt. Da die Ver­ein­ba­rung nur mündlich erfolgte und nicht im Grund­buch ein­ge­tra­gen war, ging der VwGH nicht von einer end­gül­ti­gen Über­tra­gung der Ein­kunfts­quel­le aus, sondern führte begrün­dend aus, dass die ent­gelt­li­che Über­tra­gungder Ausübung nach“ erfolgte und steu­er­lich mit einer Unter­ver­mie­tung durch den Haupt­mie­ter ver­gleich­bar wäre. Die Ablö­se­zah­lun­gen an die Mutter führten so steu­er­lich zu Miet­vor­aus­zah­lun­gen, welche als Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung steu­er­pflich­tig waren.

Dieser Meinung des BMF wider­spricht nun der VwGH in seinem aktu­el­len Erkennt­nis (GZ Ra 2016/13/0029 vom 31.3.2017) und dif­fe­ren­ziert zwischen einer Über­tra­gungder Ausübung nachundder Substanz nach“. Ein Steu­er­pflich­ti­ger (im Fol­gen­den Onkel) war Frucht­nie­ßer einer Lie­gen­schaft. In weiterer Folge übertrug er dieses Frucht­ge­nuss­recht an seine Nichte gegen Zahlung einer Ablöse. Diese Über­tra­gung wurde vom VwGH als Über­tra­gung „der Substanz nachbeur­teilt, da der Onkel das Recht an der ding­li­chen Sache gänzlich verlor. Da im vor­lie­gen­den Fall (nach alter Rechts­la­ge ohne Immo­bi­li­en­er­trag­steu­er) kein Spe­ku­la­ti­ons­tat­be­stand vorlag, wurde die Ablöse steu­er­frei gestellt.

Die Ent­schei­dung trägt prin­zi­pi­ell zu mehr Rechts­si­cher­heit bei, da nun klar­ge­stellt ist, dass bei einer Über­tra­gung eines Frucht­ge­nuss­rechts “der Substanz nach” eine Besteue­rung durch Ver­mie­tungs­ein­künf­te aus­ge­schlos­sen ist. Fraglich ist nun, ob eine Besteue­rung nach der neuen Rechts­la­ge ab dem 1.4.2012 durch die Immo­bi­li­en­er­trag­steu­er i.S.d. § 30 EStG denkbar ist. Diese Beur­tei­lung hängt wiederum von der Vorfrage ab, ob die Über­tra­gung eines Frucht­ge­nuss­rechts unter den Begriff des „grund­stücks­glei­chen Rechtes“ zu sub­su­mie­ren ist. Nach bis­he­ri­ger Ansicht der Finanz­ver­wal­tung in der Rz. 6622 der Ein­kom­men­steu­er­richt­li­ni­en ist das Frucht­ge­nuss­recht nicht als grund­stücks­glei­ches Recht zu qua­li­fi­zie­ren. Somit wäre im zugrun­de­lie­gen­den Fall die Über­tra­gung eines Frucht­ge­nuss­rechts „der Substanz nach“ nach Ablauf der ein­jäh­ri­gen Spe­ku­la­ti­ons­frist des § 31 EStG auch wei­ter­hin steu­er­frei. In der Lite­ra­tur ist jedoch umstrit­ten, ob eine Ver­äu­ße­rung eines Frucht­ge­nuss­rechts “der Substanz nach” nicht doch als Ver­äu­ße­rung eines grund­stücks­glei­chen Rechtes gewertet werden könnte. Eine gewisse Rechts­un­si­cher­heit bleibt also wei­ter­hin bestehen.

Bild: © Kurt Kleemann — Fotolia