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Artikel zum Thema: Entsendung

Die Auf­ent­halts­ta­ge sind für die „183-Tage-Regel“ maßgeblich

Kate­go­rien: Klienten-Info

August 2017 

Beson­ders in inter­na­tio­nal agie­ren­den Unter­neh­men spielt Mit­ar­bei­ter­mo­bi­li­tät eine immer größere Rolle. Die Band­brei­te reicht hier von kurz­fris­ti­gen Akti­vi­tä­ten wie die Teil­nah­me an Schu­lun­gen im Ausland bis hin zu mehr­mo­na­ti­gen Ent­sen­dun­gen zu einem ver­bun­de­nen Unter­neh­men im Ausland. Gemein­sa­mer Aus­gangs­punkt ist, dass der Arbeit­neh­mer wei­ter­hin bei seinem Hei­mat­un­ter­neh­men ange­stellt bleibt und dieser Staat nach wie vor sein Ansäs­sig­keits­staat bleibt — etwa weil dort der Fami­li­en­wohn­sitz liegt. Inter­es­sant ist neben der mög­li­chen Steu­er­pflicht des Hei­mat­un­ter­neh­mens im anderen Staat (z.B. weil eine Betriebs­stät­te begrün­det wird) vor allem die Frage, ob durch diese Aus­lands­ak­ti­vi­tä­ten der andere Staat ein Besteue­rungs­recht an den Ein­künf­ten aus unselb­stän­di­ger Tätig­keit des Arbeit­neh­mers erhält.

Die Auf­tei­lung des Besteue­rungs­rechts zwischen zwei Staaten wird im jewei­li­gen Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men (DBA) geregelt, die sich für Öster­reich typi­scher­wei­se am OECD-Mus­ter­ab­kom­men (OECD-MA) ori­en­tie­ren. Für die Auf­tei­lung des Besteue­rungs­rechts an dem Gehalt des ange­stell­ten Arbeit­neh­mers zwischen dem Ansäs­sig­keits­staat und dem Tätig­keits­staat kommt Artikel 15 OECD-MA zur Anwen­dung. Diese Norm sieht vor, dass Gehälter, Löhne und ähnliche Ver­gü­tun­gen für unselb­stän­di­ge Tätig­keit grund­sätz­lich im Ansäs­sig­keits­staat besteu­ert werden dürfen. Sofern die unselb­stän­di­ge Tätig­keit jedoch im anderen Staat ausgeübt wird, darf auch der Tätig­keits­staat die dort bezo­ge­nen Ver­gü­tun­gen besteu­ern. Damit nicht bereits eine kurze Dienst­rei­se eine mögliche Dop­pel­be­steue­rung des Dienst­neh­mers auslöst, weist das OECD-MA das aus­schließ­li­che Besteue­rungs­recht dem Ansäs­sig­keits­staat zu, sofern die drei fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen kumu­liert erfüllt sind:

  1. Der Emp­fän­ger (der Ein­künf­te aus unselb­stän­di­ger Tätig­keit) hält sich im anderen Staat (Tätig­keits­staat) ins­ge­samt nicht länger als 183 Tage inner­halb eines Zeit­raums von zwölf Monaten, der während des betref­fen­den Steu­er­jah­res beginnt oder endet, auf (und)
  2. Die Ver­gü­tun­gen werden von einem Arbeit­ge­ber oder für einen Arbeit­ge­ber gezahlt, der nicht im anderen Staat (Tätig­keits­staat) ansässig ist (und)
  3. Die Ver­gü­tun­gen werden nicht von einer Betriebs­stät­te getragen, die der Arbeit­ge­ber im anderen Staat (Tätig­keits­staat) hat.

Wesent­li­ches Kri­te­ri­um bei der Ent­schei­dung, in welchem Staat die Ein­künf­te aus unselb­stän­di­ger Tätig­keit besteu­ert werden dürfen ist also die soge­nann­te “183-Tage-Regel”. Für die Frage, ob durch die Aus­lands­tä­tig­keit der Tätig­keits­staat das Gehalt des öster­rei­chi­schen Arbeit­neh­mers besteu­ern darf, sind in einem ersten Schritt die Auf­ent­halts­ta­ge im Ausland zu ermit­teln. Als Auf­ent­halts­ta­ge zählen Tage phy­si­scher Anwe­sen­heit, wobei es nicht erfor­der­lich ist, dass an diesen Tagen eine Arbeits­leis­tung erbracht wird. Folglich zählen nicht nur Wochen­en­den, Fei­er­ta­ge und Urlaubs­ta­ge als Auf­ent­halts­ta­ge, sondern auch Anreise- und Abrei­se­ta­ge. Da Teil­an­we­sen­heit in einem Land aus­reicht, kann ein 24h-Tag zu mehreren voll­stän­di­gen Auf­ent­halts­ta­gen in ver­schie­de­nen Ländern führen.

Bei Über­schrei­ten der 183 (Aufenthalts)Tage im Ausland erlangt der Tätig­keits­staat ein Besteue­rungs­recht an den Ein­künf­ten aus unselb­stän­di­ger Tätig­keit. Nun kommen in einem zweiten Schritt für die tat­säch­li­che Auf­tei­lung der zu ver­steu­ern­den Ein­künf­te die Arbeits­ta­ge ins Spiel. Es sind für das Ausmaß des Besteue­rungs­rechts des Tätig­keits- bzw. des Ansäs­sig­keits­staats nämlich nicht die Auf­ent­halts­ta­ge, sondern die Arbeits­ta­ge ent­schei­dend. Im Unter­schied zu den Auf­ent­halts­ta­gen kommt es hierbei auf das Über­wie­gen an — folglich kann ein Arbeits­tag immer nur einem der das Besteue­rungs­recht bean­spru­chen­den Staaten zuge­ord­net werden.

Um eine mögliche Steu­er­pflicht an den Ein­künf­ten aus unselb­stän­di­ger Tätig­keit im Tätig­keits­staat (Ausland) abschät­zen zu können, ist es ratsam, die ent­spre­chen­den Tage wie auch die Akti­vi­tä­ten zu doku­men­tie­ren. Sollte dem Tätig­keits­staat ein Besteue­rungs­recht zukommen, so wird durch das DBA regel­mä­ßig sicher­ge­stellt, dass es zwar zu einer Besteue­rung im Ausland kommt, nicht aber zu einer Dop­pel­be­steue­rung.

Bei einer Mit­ar­bei­ter­ent­sen­dung („Second­ment“), in deren Rahmen ein in Öster­reich ange­stell­ter Mit­ar­bei­ter für einen bestimm­ten Zeitraum bei und für ein ver­bun­de­nes Unter­neh­men im Ausland arbeitet, verliert die 183-Tage-Regel übrigens an Bedeu­tung, da typi­scher­wei­se das auf­neh­men­de Unter­neh­men die Kosten für den ent­sen­de­ten Mit­ar­bei­ter trägt und daher der Tätig­keits­staat unab­hän­gig von der Dauer der Ent­sen­dung ein Besteue­rungs­recht an den Ein­künf­ten aus unselb­stän­di­ger Tätig­keit erhält.

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