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Artikel zum Thema: Kammerumlage

Die Beschäf­ti­gung von Jugend­li­chen und die Aus­bil­dung von Lehr­lin­gen (Teil 1)


November 2011 

Teil 1: Das Kinder- und Jugend­li­chen-Beschäf­ti­gungs­ge­setz (KJBG) – Schutz­vor­schrif­ten für Jugend­li­che und die Lehr­lings­aus­bil­dung in Österreich

Die Beschäf­ti­gung von Jugendlichen

Das KJBG gilt für Kinder und Jugend­li­che in einem Dienst- oder/und Lehr­ver­hält­nis bis zur Voll­jäh­rig­keit (voll­ende­tes 18. Lebens­jahr). Es enthält vor allem Schutz­vor­schrif­ten für Jugend­li­che hin­sicht­lich der Arbeits­zeit. Grund­sätz­lich gilt eine maximale Arbeits­zeit pro Tag von acht Stunden und eine höchs­tens 40 Stunden dauernde Wochen­ar­beits­zeit. Das Ein­ar­bei­ten von Fens­ter­ta­gen ist erlaubt, wobei die Tages­ar­beits­zeit neun Stunden, die Wochen­ar­beits­zeit 45 Stunden nicht über­schrei­ten darf. Lehr­lin­ge bis 16 Jahre dürfen nur zu zeitlich aus­zu­glei­chen­den Vor- und Abschluss­ar­bei­ten her­an­ge­zo­gen werden. In engen Grenzen von Vor- und Abschluss­ar­bei­ten dürfen Lehr­lin­ge über 16 Jahre Über­stun­den leisten. Es gebührt jeden­falls ein 50%-iger Zuschlag auf Basis der Lehr­lings­ent­schä­di­gung. Lehr­lin­ge über 18 Jahren dürfen Über­stun­den leisten, wobei als Basis zur Berech­nung des Über­stun­den­grund­loh­nes und Über­stun­den­zu­schlags von 50% jedoch nicht die Lehr­lings­ent­schä­di­gung, sondern der nied­rigs­te im Betrieb ver­ein­bar­te Fach­ar­bei­ter­lohn bzw. Ange­stell­ten­ge­halt her­an­zu­zie­hen ist.

Die Lehr­lings­ent­schä­di­gung ist während des Besuches der Berufs­schu­le wei­ter­zu­zah­len, die Unter­richts­zeit wird auf die wöchent­li­che Arbeits­zeit angerechnet.

Ferner dürfen Jugend­li­che in der Zeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr nicht beschäf­tigt werden (Nacht­ru­he). Aus­nah­men bestehen im Gast­ge­wer­be, in mehr­schich­ti­gen Betrie­ben, in Bäcke­rei­en und z. B. bei Thea­ter­auf­füh­run­gen und Film­auf­nah­men. An Sonn- und Fei­er­ta­gen gilt, mit wenigen Aus­nah­men, eben­falls ein Beschäftigungsverbot.

Jugend­li­che dürfen grund­sätz­lich nicht zu Akkord­ar­beit her­an­ge­zo­gen werden.

Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men dürfen nur verhängt werden, wenn sie im Kol­lek­tiv­ver­trag oder einer Betriebs­ver­ein­ba­rung vor­ge­se­hen sind.

Einmal jährlich findet eine Jugend­li­chen-Unter­su­chung durch die Träger der Kran­ken­ver­si­che­rung statt. Der Arbeit­ge­ber hat die Jugend­li­chen ent­spre­chend zu infor­mie­ren und sie zur Teil­nah­me anzu­hal­ten. Den Jugend­li­chen ist die erfor­der­li­che Freizeit unter Fort­zah­lung des Entgelts zu gewähren.

Gemäß § 26 KJBG hat jeder Betrieb ein Ver­zeich­nis der beschäf­tig­ten Jugend­li­chen zu führen.

Bei Ver­stö­ßen gegen das KJBG drohen zunächst Geld­stra­fen, im Wie­der­ho­lungs­fall droht das Verbot der Beschäf­ti­gung von Jugendlichen.

Lehr­lings­aus­bil­dung in Österreich

Welche Berufe gelten als Lehrberufe?

  • Tätig­kei­ten nach der Gewer­be­ord­nung (GewO), deren sach­ge­mä­ße Erler­nung min­des­tens zwei Jahre dauert
  • regle­men­tier­te Gewerbe nach § 94 GewO (z.B.: Optiker, Dachdecker)
  • bestimm­te andere Tätig­kei­ten, bei welchen u.a. die Aus­bil­dung als Lehrling zweck­mä­ßig ist

Eine Ver­ord­nung des Bun­des­mi­nis­ters für Wirt­schaft, Familie und Jugend enthält sämt­li­che Lehr­be­ru­fe („Lehr­be­rufs­lis­te“). Diese Liste enthält ferner die Dauer der Lehr­zei­ten, die ver­wand­ten Lehr­be­ru­fe, Anrech­nungs­zei­ten für ver­wand­te Lehr­be­ru­fe und den Ersatz der Lehr­ab­schluss­prü­fung durch erfolg­rei­che Absol­vie­rung der Lehr­ab­schluss­prü­fung in einem anderen Lehr­be­ruf. In bestehen­de Lehr­be­ru­fe darf nicht ein­ge­grif­fen werden. Derzeit bestehen über 200 Lehrberufe.

Eine Lehre dauert in der Regel drei Jahre. Eine gleich­zei­ti­ge Aus­bil­dung in zwei ver­schie­de­nen, nicht ver­wand­ten Lehr­be­ru­fen, ist zulässig. Die gesamte Lehrzeit darf jedoch maximal vier Jahre dauern. Aus­bil­dun­gen in ver­wand­ten Lehr­be­ru­fen sind gegen­sei­tig anrechenbar.

Bei den Lehr­lings­stel­len der Lan­des­kam­mern der gewerb­li­chen Wirt­schaft kann jeder­mann Einsicht in die Lehr­be­rufs­lis­te, die Aus­bil­dungs­vor­schrif­ten und die Prü­fungs­ord­nun­gen nehmen.

Wer darf Lehr­lin­ge ausbilden?

Lehr­be­rech­tig­ter ist, wer Lehr­lin­ge aufgrund eines Lehr­ver­tra­ges zur Erler­nung eines in der Lehr­be­rufs­lis­te ange­führ­ten Lehr­be­ru­fes fachlich aus­bil­det und im Rahmen dieser Aus­bil­dung ver­wen­det. Aus­bil­den dürfen Inhaber einer Gewer­be­be­rech­ti­gung bzw. deren Aus­bil­der, wenn der Betrieb oder die Werk­stät­te so ein­ge­rich­tet ist, dass den Lehr­lin­gen die ent­spre­chen­den Fer­tig­kei­ten und Kennt­nis­se ver­mit­telt werden können, wobei die Bildung eines Aus­bil­dungs­ver­bun­des — das ist eine ergän­zen­de Aus­bil­dung in einem anderen Betrieb — grund­sätz­lich zulässig ist. Aus­bil­den dürfen u.a. auch Fort­be­triebs­be­rech­tig­te nach § 41 GewO sowie Ange­hö­ri­ge freier Berufe. Die erst­ma­li­ge Aus­bil­dung von Lehr­lin­gen ist in § 3a BAG geregelt: Zunächst muss bei der Lehr­lings­stel­le die Erlas­sung eines Fest­stel­lungs­be­schei­des bean­tragt werden. Danach findet ein Lokal­au­gen­schein im Betrieb statt, wobei geprüft wird, ob dieser für die Lehr­lings­aus­bil­dung geeignet ist. Mit Erhalt des ent­spre­chen­den Fest­stel­lungs­be­schei­des darf der Lehr­be­rech­tig­te mit der Aus­bil­dung von Lehr­lin­gen beginnen. Ein Fest­stel­lungs­be­scheid ist nicht not­wen­dig, sofern der Betrieb unter Wahrung der Betriebs­i­den­ti­tät von einem Vor­gän­ger über­nom­men wurde, der bereits Lehr­lin­ge aus­ge­bil­det hatte.

Im Rahmen einer soge­nann­ten inte­gra­ti­ven Berufs­aus­bil­dung bestehen För­der­maß­nah­men für Personen mit Ver­mitt­lungs­hin­der­nis­sen wie etwa Fehlen eines Haupt­schul­ab­schlus­ses oder Behinderung.

Der Lehr­ver­trag

Die Lehre ist sowohl ein Arbeits- als auch ein Aus­bil­dungs­ver­hält­nis und muss schrift­lich abge­schlos­sen werden. Die Pro­be­zeit dauert drei Monate. Vor Abschluss eines Lehr­ver­tra­ges muss geprüft werden, ob die Ver­hält­nis­zah­len nach dem BAG ein­ge­hal­ten werden, das ist erstens das Ver­hält­nis zwischen der Anzahl der Lehr­lin­ge und der Anzahl der im Betrieb beschäf­tig­ten „fachlich ein­schlä­gig aus­ge­bil­de­ten“ Personen und zweitens das Ver­hält­nis zwischen der Anzahl der Lehr­lin­ge und der Aus­bil­der. Gemäß § 8 BAG gilt: Auf eine fachlich ein­schlä­gig aus­ge­bil­de­te Person kommen zwei Lehr­lin­ge, für jede weitere je ein Lehrling. Auf je fünf Lehr­lin­ge kommt ein Aus­bil­der. Ab 15 Lehr­lin­gen muss der Aus­bil­der aus­schließ­lich mit Aus­bil­dungs­auf­ga­ben betraut sein. Für eine Reihe bestimm­ter Lehr­be­ru­fe gelten geson­der­te Verhältniszahlen.

Check­lis­te bei Ein­stel­lung eines Lehrlings

  • Schrift­li­cher Lehr­ver­trag mit Zustim­mung des gesetz­li­chen Ver­tre­ters, binnen drei Wochen ab Beginn des Lehr­ver­hält­nis­ses bei der Lehr­lings­stel­le einzureichen
  • Anmel­dung bei der Gebietskrankenkasse
  • Anmel­dung zur Berufs­schu­le, und zwar binnen 14 Tagen ab Beginn des Lehrverhältnisses
  • even­tu­ell amts­ärzt­li­ches Zeugnis in bestimm­ten Lehr­be­ru­fen wie z.B. im Gast­ge­wer­be, als Fleischer
  • Nachweis über die Absol­vie­rung der neun­jäh­ri­gen Schulpflicht
  • Lehr­lin­ge aus Staaten außer­halb des EWR: Beschäf­ti­gungs­be­wil­li­gung / Befrei­ungs­schein / Arbeits­er­laub­nis und even­tu­ell anre­chen­ba­re aus­län­di­sche Ausbildungszeiten

Lehr­lin­ge in der Sozi­al­ver­si­che­rung (Werte 2011)

Erst ab dem dritten Lehrjahr sind Kran­ken­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge zu ent­rich­ten (ins­ge­samt 7,65%). Pen­si­ons­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge fallen in allen Lehr­jah­ren an (gesamt 22,80%). Ein Lehrling zahlt keine Beiträge zur gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung. Beiträge zur Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rung werden nur im letzten Lehrjahr ent­rich­tet (6% unter zusätz­li­cher Beach­tung der Abzüge bei geringen Ein­kom­men). Ein Wohn­bau­för­de­rungs­bei­trag ist nicht zu ent­rich­ten, ebenso wenig ein IESG-Zuschlag. Die Beiträge zur betrieb­li­chen Mit­ar­bei­ter­vor­sor­ge betragen 1,53%. Die Kam­mer­um­la­ge entfällt, obwohl auch Lehr­lin­ge Mit­glie­der der Kammer für Arbeiter und Ange­stell­te sind. 

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