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Artikel zum Thema: Krankenstand

Aus­kunfts­pflicht während des Kran­ken­stands in Aus­nah­me­fäl­len möglich

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Mai 2014 

Während des Kran­ken­stands ist der Arbeit­neh­mer ver­pflich­tet, alles zu tun um bald­mög­lichst gesund und wieder arbeits­fä­hig zu werden. Gegen­tei­li­ges Ver­hal­ten kann – etwa wenn gegen ärzt­li­che Anwei­sun­gen ver­sto­ßen wird – im Extrem­fall Ver­trau­ensun­wür­dig­keit begrün­den und ernste Kon­se­quen­zen nach sich ziehen. In der Praxis zeigt sich trotz des „Gesun­dungs­pos­tu­lats“ immer wieder, dass mitunter durch moderne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel begüns­tigt, trotz Kran­ken­stands Mit­ar­bei­ter z.B. per E‑Mail kon­tak­tiert werden, um etwa über bestimm­te Unter­la­gen oder zukünf­ti­ge Termine Auskunft zu geben.

Der Oberste Gerichts­hof (OGH) hatte sich unlängst (GZ 9ObA115/13x vom 26.11.2013) mit der Aus­kunfts­pflicht durch den Mit­ar­bei­ter im Kran­ken­stand aus­ein­an­der­zu­set­zen. Der Aus­gangs­sach­ver­halt bestand darin, dass eine lang­jäh­ri­ge Sekre­tä­rin einer Rechts­an­walts­kanz­lei während eines mehr­mo­na­ti­gen Kran­ken­stands trotz mehr­ma­li­ger Auf­for­de­rung durch die Arbeit­ge­ber nicht zu einer kurzen per­sön­li­chen Bespre­chung bereit war und ihr auch ein kurzes Tele­fo­nat aus gesund­heit­li­chen Gründen unmög­lich war. Die Arbeit­ge­ber reagier­ten in Folge mit frist­lo­ser Ent­las­sung aufgrund grober Ver­let­zung der Treue­pflich­ten. Die Sekre­tä­rin argu­men­tier­te hingegen, dass sie sich aus gesund­heit­li­chen Gründen (Asth­ma­be­schwer­den, Burnout, Depres­sio­nen) nicht zu einem per­sön­li­chen Gespräch beim Arbeit­ge­ber ein­fin­den könne und auch kein Tele­fon­ge­spräch möglich sei, da sie dabei auch unbe­ab­sich­tigt mit dem (männ­li­chen) Chef in Kontakt kommen könnte und dies ihrem Gesund­heits­zu­stand jeden­falls abträg­lich wäre. Da sie bei Ver­bes­se­rung ihres Gesund­heits­zu­stands selbst­ver­ständ­lich zu einem Gespräch bereit sei und bei Wie­der­erlan­gung der Arbeits­fä­hig­keit an den Arbeits­platz zurück­keh­ren würde, sei kein durch sie ver­schul­de­ter Ent­las­sungs­grund gegeben.

Genesung des kranken Arbeit­neh­mers steht im Vordergrund

Der OGH sieht eine Aus­kunfts­ver­pflich­tung durch den Arbeit­neh­mer während des Kran­ken­stands als grund­sätz­lich möglich, wenn­gleich dies wirklich nur in begrün­de­ten Aus­nah­me­fäl­len vom Arbeit­ge­ber bean­sprucht werden kann. Ganz wesent­li­ches Kri­te­ri­um ist hierbei, dass durch die Aus­kunfts­pflicht bzw. „Störung während des Kran­ken­stands“ der Gene­sungs­pro­zess nicht beein­träch­tigt wird. Typi­scher­wei­se würde die Kon­takt­auf­nah­me per Telefon oder per E‑Mail dieser Anfor­de­rung eher gerecht als ein per­sön­li­ches Erschei­nen am Arbeits­platz. In dem vor­lie­gen­den Fall war der OGH jedoch der Ansicht, dass es der an dem Burnout-Syndrom lei­den­den Sekre­tä­rin weder zumutbar war, in die Rechts­an­walts­kanz­lei zu kommen noch aus gesund­heit­li­chen Gründen mit dem männ­li­chen Rechts­an­walts­part­ner über­haupt Kontakt aufzunehmen.

Kon­kre­tes Infor­ma­ti­ons­be­dürf­nis als Grundvoraussetzung

Neben der mög­lichst raschen Genesung des Arbeit­neh­mers muss aber – der Treue­pflicht des Arbeit­neh­mers ent­spre­chend – genauso sicher­ge­stellt werden, dass die betrieb­li­chen Inter­es­sen des Arbeit­ge­bers gewahrt werden und auch der längere Ausfall eines Mit­ar­bei­ters kom­pen­siert werden kann. Aus diesem Grund kann es vom kon­kre­ten Ein­zel­fall abhängig und ins­be­son­de­re unter Beach­tung der gesund­heit­li­chen Umstände sein, dass der Arbeit­neh­mer trotz Krank­heit zur Bekannt­ga­be unbe­dingt erfor­der­li­cher Infor­ma­tio­nen ver­pflich­tet ist. Wohl auch den prak­ti­schen Umstän­den ent­spre­chend sind hierbei dem OGH folgend an Arbeit­neh­mer in geho­be­ner Position stren­ge­re Anfor­de­run­gen zu stellen. Die drei wesent­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die Aus­kunfts­pflicht während des Kran­ken­stands – andern­falls könnte eine Ent­las­sung aufgrund von Ver­trau­ensun­wür­dig­keit gerecht­fer­tigt sein — sind, dass der Arbeit­ge­ber die gewünsch­ten Infor­ma­tio­nen kon­kre­ti­siert und darlegt, warum diese nicht ander­wei­tig beschafft werden können. Außerdem muss es sich um Infor­ma­tio­nen handeln, aus deren Fehlen dem Arbeit­ge­ber ein schwerer wirt­schaft­li­cher Schaden ent­ste­hen würde. Diese drei Bedin­gun­gen müssen gleich­zei­tig erfüllt sein und vom Arbeit­ge­ber nach­ge­wie­sen werden. Im vor­lie­gen­den Fall sah der Oberste Gerichts­hof diese Vor­aus­set­zun­gen seitens des Arbeit­ge­bers aller­dings nicht erfüllt, da weder kon­kre­ti­siert wurde, welche Infor­ma­tio­nen von der Sekre­tä­rin gewünscht werden noch warum diese nicht ander­wei­tig beschafft werden können. Folglich konnte ein von der Sekre­tä­rin ver­schul­de­ter Ent­las­sungs­grund nicht nach­ge­wie­sen werden.

Für die Praxis zeigt die OGH-Ent­schei­dung, dass der Arbeit­ge­ber nur unter ganz bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen Aus­künf­te von seinen kranken Mit­ar­bei­tern ver­lan­gen kann und somit dem Gesun­dungs­pro­zess ein­deu­tig Prio­ri­tät zukommt. Aller­dings ist auch zu beachten, dass – im Regel­fall bei län­ger­fris­ti­gen Kran­ken­stän­den – völlige Aus­kunfts­ver­wei­ge­rung seitens des kranken Dienst­neh­mers vom Arbeit­ge­ber nicht hin­ge­nom­men werden muss und im Extrem­fall eine Ent­las­sung aufgrund von Ver­trau­ensun­wür­dig­keit nach sich ziehen kann.

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