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Artikel zum Thema: Pferd

Liqui­da­ti­ons­be­steue­rung bei umgrün­dungs­be­ding­ten nega­ti­ven Anschaffungskosten

Kate­go­rien: Klienten-Info

März 2002 

In der Fach­li­te­ra­tur wurde bisher die Rechts­an­sicht ver­tre­ten, dass nach Abschluss eines Insol­venz­ver­fah­rens mangels ver­tei­lungs­fä­hi­ger Masse keine Ein­künf­te gemäß § 31 Abs. 3 EStG vor­lie­gen, weil — auch bei umgrün­dungs­be­ding­ten nega­ti­ven Anschaf­fungs­kos­ten — kein Ein­nah­men­über­schuss erzielt wird. Dieser Rechts­an­sicht wider­spricht das BMF im Ein­kom­men­steu­er­pro­to­koll 2001 vom 28. Sep­tem­ber 2001, indem es in der Höhe der nega­ti­ven Anschaf­fungs­kos­ten positive Ein­künf­te sieht, welche als Ver­äu­ße­rung von Betei­li­gun­gen gemäß § 31 EStG steu­er­pflich­tig sind, soferne nicht Spe­ku­la­ti­ons­ein­künf­te gemäß § 30 EStG vorliegen. 

Negative Anschaf­fungs­kos­ten bei Ein­brin­gung gemäß Artikel III Umgrün­dungs­steu­er­ge­setz
Wenn der Buchwert des ein­zu­brin­gen­den Unter­neh­mens entweder zu gering oder negativ ist, können vor­han­de­ne stille Reserven han­dels­recht­lich auf­ge­löst werden, um zu einem posi­ti­ven Ein­brin­gungs­wert zu gelangen und auf diese Weise den Ansatz eines Ein­brin­gungs­mehr­wer­tes in der über­neh­men­den GmbH zu ver­mei­den. Der­ar­ti­ge han­dels­recht­li­che Buch­ge­win­ne sind grund­sätz­lich steu­erneu­tral, sofern kein Miss­brauchs­tat­be­stand vorliegt. Diese Maßnahme kommt z.B. dann in Frage, wenn Ent­nah­men in der Zeit zwischen Ein­brin­gungs­stich­tag und Datum des Ein­brin­gungs­ver­tra­ges getätigt worden sind oder für Steu­er­zah­lun­gen bzw. Pri­vat­be­darf noch erfor­der­lich sind. Diese rück­be­zo­ge­nen Ent­nah­men sind als Pas­siv­post in der Ein­brin­gungs­bi­lanz aus­zu­wei­sen und stellen eine Ver­bind­lich­keit der über­neh­men­den GesmbH an den Ein­brin­gen­den dar. Die tat­säch­lich erfolg­ten Ent­nah­men sind dann von dieser Pas­siv­post abzubuchen.


Beispiel:
Nega­ti­ver Buchwert des ein­zu­brin­gen­den Unternehmens
- 50.000,-
han­dels­recht­li­che Auf­wer­tung Stiller Reserven (z.B.Firmenwert)
1.500.000,-
Pas­si­vier­te rück­be­zo­ge­ne Ent­nah­men gemäß § 16 Abs. 5 Umgründungssteuergesetz
- 550.000,-
Ein­brin­gungs­wert laut Handelsrecht
900.000,-
 
Ermitt­lung der steu­er­li­chen Anschaffungskosten: 
Auf­wer­tung der Stillen Reserven
1.500.000,-
Ein­brin­gungs­wert
- 900.000,-
steu­er­lich negative Anschaffungskosten
- 600.000,-
 
Probe:
Nega­ti­ver Buchwert des ein­zu­brin­gen­den Unternehmens
- 50.000,-
pas­si­vier­te Entnahmen
- 550.000,-
 
- 600.000,-
   

Steu­er­li­che Folgen bei der Anteils­ver­äu­ße­rung bzw. Auf­lö­sung der Gesellschaft

Die posi­ti­ven Anschaf­fungs­kos­ten mindern den Ver­äu­ße­rungs­ge­winn und führen bei einer Liqui­da­ti­on ohne Abwick­lungs­gut­ha­ben zu einem Verlust, der mit anderen Über­schüs­sen aus Betei­li­gungs­ver­äu­ße­run­gen gemäß § 31 Abs. 5 EStG aus­gleichs­fä­hig ist.

Die nega­ti­ven Anschaf­fungs­kos­ten erhöhen den Ver­äu­ße­rungs­ge­winn bzw. lösen im Falle der Liqui­da­ti­on ohne Abwick­lungs­ver­mö­gen die Steu­er­pflicht aus. Da die Steu­er­pflicht die Gesell­schaf­ter trifft, können sich diese nicht auf die Mit­tel­lo­sig­keit der Gesell­schaft berufen. Die Höhe der nega­ti­ven Anschaf­fungs­kos­ten sind vom Steu­er­pflich­ti­gen in Evidenz zu halten. Übli­cher­wei­se erfolgt dies in der Weise, dass der Betrag im Ein­brin­gungs­ver­trag fest­ge­hal­ten wird. Weiters sei auf die Rechts­an­sicht des BMF vom 17. Sep­tem­ber 1997 hin­ge­wie­sen, wonach der steu­er­lich maß­ge­ben­de Wert der Sach­ein­la­ge in das Evi­denz­kon­to gem. § 4 Abs. 12 EStG auf­zu­neh­men ist. Aus der kon­kre­ten Aussage, dass der positive steu­er­li­che Sach­ein­la­ge­wert in das Evi­denz­kon­to ein­zu­stel­len ist, ist wohl der Umkehr­schluss zu ziehen, dass das gleiche für den nega­ti­ven steu­er­li­chen Sach­ein­la­ge­wert gilt.

Steu­er­satz
Wenn der Zeitraum zwischen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung bzw. Liqui­da­ti­on mehr als 1 Jahr beträgt und die Betei­li­gung 1% erreicht, kommt gemäß § 37 Abs. 4 Zi 2a EStG der halbe Steu­er­satz zur Anwen­dung. Wird inner­halb eines Jahres verkauft oder liqui­diert, handelt es sich um Ein­künf­te aus einem Spe­ku­la­ti­ons­ge­schäft gemäß § 30 EStG, welches dem Nor­mal­steu­er­satz unterliegt.

Schluss­fol­ge­rung
Die steu­er­lich bestechen­de Lösung, bei Ein­brin­gung eines Unter­neh­mens in eine GmbH stille Reserven han­dels­recht­lich mit steu­er­frei­er Wirkung auf­zu­lö­sen, und eine ent­spre­chend hohe Ver­bind­lich­keit an die Gesell­schaf­ter aus­zu­wei­sen, aus der diese ihre privaten Bedürf­nis­se “steu­er­frei” befrie­di­gen können, hat einen Pfer­de­fuß, wenn negative Anschaf­fungs­kos­ten vor­lie­gen. Diese bleiben nämlich steu­er­hän­gig und werden auch auf Erben und Geschen­k­neh­mer über­tra­gen. Bei der­ar­ti­gen Ver­trä­gen ist auf die in Evidenz gehal­te­nen nega­ti­ven Anschaf­fungs­kos­ten Bedacht zu nehmen. Ein solches Geschenk kann zu einem Dana­er­Ge­schenk mit ruinöser Wirkung ausarten. Bei geschick­tem Timing kann aller­dings der halbe Steu­er­satz für den Ver­äu­ße­rungs­ge­winn auch als steu­er­li­cher Vorteil genutzt werden, soferne keine miss­bräuch­li­che Umgrün­dung im Sinne des
§ 44 Umgrün­dungs­steu­er­ge­setz vorliegt. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 37 Abs. 5 EStG für den begüns­tig­ten Steu­er­satz betref­fend Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne gemäß § 24 EStG (Tod, Erwerbs­un­fä­hig­keit, 60. Lebens­jahr und sieben Jahre Bestand) ent­fal­len nämlich bei Ein­künf­ten aus Betei­li­gungs­ver­äu­ße­rung gemäß §§ 31 i.V.m. 37 Abs. 4 Zi 2 EStG. Die Betei­li­gung muss wenigs­tens 1 Jahr gehalten werden, um den begüns­tig­ten Steu­er­satz zu lukrieren.

Abschlie­ßend sei vermerkt, dass in der Fach­li­te­ra­tur die Insti­tu­ti­on der Pas­si­vie­rung rück­be­zo­ge­ner Ent­nah­men gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG als vom Fiskus geför­der­ter Miss­brauch kri­ti­siert wird, der der Inten­ti­on des Umgrün­dungs­steu­er­ge­set­zes wider­spre­che. Ins­be­son­de­re wird auf die Belie­big­keit des Unter­neh­mens­wer­tes hin­ge­wie­sen, sowie die Abzugs­fä­hig­keit der Zinsen für die Ver­bind­lich­keit gegen­über dem Gesell­schaf­ter kri­ti­siert. In der zustän­di­gen Stelle im BMF wird diese Gestal­tungs­maß­nah­me aber grund­sätz­lich nicht als Fehl­kon­struk­ti­on, sondern als “Sys­tem­bau­stein” des Umgrün­dungs­steu­er­rech­tes ver­tei­digt. Aller­dings mit der Ein­schrän­kung, dass diese Maßnahme nicht nur dazu dient, eine “nicht steu­er­wirk­sa­me Pri­vat­fi­nan­zie­rung steu­er­wirk­sam zu machen”.
Ob für diese Steu­er­wohl­tat ein Ablauf­da­tum besteht, sei daher dahin­ge­stellt, ins­be­son­de­re dann, wenn ein allzu exzes­si­ver Gebrauch davon gemacht wird.

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