News
Immer aktuell

Steuern A‑Z

Artikel zum Thema: Registrierungspflicht

Umsatz­steu­er­li­che Rei­hen­ge­schäf­te oder wie Kun­den­freund­lich­keit zu umsatz­steu­er­li­chen Pro­ble­men führen kann

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Juni 2016 

Aus falsch ver­stan­de­ner Kun­den­freund­lich­keit kommt es immer wieder vor, dass Unter­neh­men sich unnö­ti­gen umsatz­steu­er­li­chen Risiken aus­set­zen. Wie oft passiert es, dass Kunden Waren bestel­len, die ein öster­rei­chi­scher Unter­neh­mer nicht vor Ort auf Lager hat? Also wird der Her­stel­ler (z.B. in Deutsch­land) kon­tak­tiert, die Ware bestellt und gleich gebeten, die Ware direkt an den Kunden (z.B. in Frank­reich) zu senden. Sowohl Her­stel­ler, Unter­neh­mer als auch Kunde sind mit der geplan­ten Abwick­lung zufrie­den. Leider können sich aber für den öster­rei­chi­schen Unter­neh­mer aus diesem Rei­hen­ge­schäft ernste umsatz­steu­er­li­che Kon­se­quen­zen in Deutsch­land oder in Frank­reich ergeben.

Ein umsatz­steu­er­li­ches Rei­hen­ge­schäft liegt immer dann vor, wenn mehrere Unter­neh­mer über den­sel­ben Gegen­stand Lie­fe­run­gen ver­ein­ba­ren, wobei die Waren­be­we­gung direkt vom ersten Unter­neh­men (hier in Deutsch­land) zum letzten Unter­neh­men (hier in Frank­reich) statt­fin­det und eine Partei für die kom­plet­te Trans­port­or­ga­ni­sa­ti­on ver­ant­wort­lich ist. Im Rahmen dieses Rei­hen­ge­schäfts findet daher eine Lie­fe­rung vom Her­stel­ler in Deutsch­land an den Unter­neh­mer in Öster­reich statt und eine weitere Lie­fe­rung vom Unter­neh­mer in Öster­reich an den Kunden in Frank­reich, wobei die Waren­be­we­gung direkt von Deutsch­land nach Frank­reich erfolgt. Diese beiden Lie­fe­run­gen sind umsatz­steu­er­lich getrennt zu beur­tei­len. Dabei wird zwischen einer „bewegten Lie­fe­rung“ und einer „ruhenden Lie­fe­rung“ unter­schie­den.

Bewegte Lie­fe­rung als Herz­stück des Reihengeschäfts

Ein Rei­hen­ge­schäft besteht immer aus nur einer bewegten Lie­fe­rung, diese gilt es daher als erstes zu iden­ti­fi­zie­ren. Die bewegte Lie­fe­rung ist dabei immer jene Lie­fe­rung, die an den Unter­neh­mer aus­ge­führt wird, der den Trans­port tat­säch­lich orga­ni­siert (d.h. er beauf­tragt entweder einen Spe­di­teur oder trans­por­tiert die Waren selbst durch eigene LKWs). Führt der erste Unter­neh­mer der Reihe den Trans­port durch, so ist seine Lie­fe­rung die bewegte Lie­fe­rung. Mit anderen Worten, egal ob der erste (Deutsch­land) oder der zweite (Öster­reich) Unter­neh­mer eines Rei­hen­ge­schäfts den Trans­port orga­ni­siert, ist immer die erste Lie­fe­rung (die Lie­fe­rung von Deutsch­land an Öster­reich) die bewegte Lie­fe­rung. Orga­ni­siert der Kunde (Unter­neh­mer) in Frank­reich den Trans­port oder holt dieser die Waren in Deutsch­land ab, so ist die bewegte Lie­fe­rung die Lie­fe­rung des zweiten (Öster­reich) Unter­neh­mers an den dritten Unter­neh­mer (Frank­reich). Diese Zuord­nung ist deshalb wichtig, da die bewegte Lie­fe­rung an jenem Ort steu­er­bar ist, an dem die Waren­be­we­gung beginnt und sofern die Waren­be­we­gung in einen anderen EU-Mit­glieds­staat geht (und sämt­li­che Buch- und Ver­sand­nach­wei­se vor­lie­gen) als inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung steu­er­frei ist. Endet die Waren­be­we­gung im Dritt­land, so liegt unter Umstän­den eine steu­er­freie Aus­fuhr­lie­fe­rung vor. Hat man die bewegte Lie­fe­rung iden­ti­fi­ziert, ist die weitere umsatz­steu­er­li­che Beur­tei­lung der Lie­fer­ge­schäf­te relativ einfach. Alle anderen Lie­fe­run­gen vor der bewegten Lie­fe­rung sind steu­er­bar und steu­er­pflich­tig am Ursprungs­ort der Lie­fe­rung d.h. dort, wo die Waren­be­we­gung begonnen hat. Alle Lie­fe­run­gen nach der bewegten Lie­fe­rung sind steu­er­bar und steu­er­pflich­tig an jenem Ort, an dem die Waren­be­we­gung endet. Für das oben beschrie­be­ne Beispiel bedeutet dies folgendes:

Hat der deutsche oder der öster­rei­chi­sche Unter­neh­mer den Trans­port orga­ni­siert, so findet die bewegte Lie­fe­rung zwischen dem deut­schen und dem öster­rei­chi­schen Unter­neh­men statt. Der deutsche Her­stel­ler fak­tu­riert eine inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung an den öster­rei­chi­schen Unter­neh­mer und dieser gibt seine fran­zö­si­sche UID an und erklärt in Frank­reich einen inner­ge­mein­schaft­li­chen Erwerb. Die anschlie­ßen­de ruhende Lie­fe­rung — die Lie­fe­rung des öster­rei­chi­schen Unter­neh­mers an den fran­zö­si­schen Kunden — ist steu­er­bar und steu­er­pflich­tig in Frank­reich. In dieser Kon­stel­la­ti­on muss sich der öster­rei­chi­sche Unter­neh­mer in Frank­reich umsatz­steu­er­lich regis­trie­ren lassen. Würde der öster­rei­chi­sche Unter­neh­mer in diesem Fall seine öster­rei­chi­sche UID angeben, so muss er einen inner­ge­mein­schaft­li­chen Erwerb in Öster­reich melden, für den jedoch kein Vor­steu­er­ab­zug möglich ist (sog. Dop­pel­erwerb). Der inner­ge­mein­schaft­li­che Erwerb fällt erst dann weg, wenn nach­ge­wie­sen wird, dass der Erwerb in Frank­reich gemeldet und ver­steu­ert wurde. 

Für genau dieses Szenario (drei Unter­neh­mer aus drei unter­schied­li­chen EU-Mit­glieds­staa­ten schlie­ßen über den­sel­ben Gegen­stand Lie­fer­ge­schäf­te ab) gibt es aller­dings die sog. Drei­ecks­ver­ein­fa­chung. Diese erlaubt es dem öster­rei­chi­schen Unter­neh­mer, seiner Regis­trie­rungs­pflicht in Frank­reich zu ent­kom­men, indem der öster­rei­chi­sche Unter­neh­mer in seiner Rechnung an den fran­zö­si­schen Kunden darauf hinweist, dass ein Drei­ecks­ge­schäft vorliegt und die Steu­er­schuld auf den fran­zö­si­schen Kunden übergeht. Diese Drei­ecks­ver­ein­fa­chung ist aller­dings aus öster­rei­chi­scher Sicht nur in sehr ein­ge­schränk­ten Fällen anwend­bar – ins­be­son­de­re nur dann, wenn die Erklä­rungs­pflicht (Meldung des Aus­gangs­um­sat­zes in der Zusam­men­fas­sen­den Meldung und Meldung des Erwerbs in Kz 077 der UVA) erfüllt und eine korrekte Rechnung aus­ge­stellt wurden.

Holt der fran­zö­si­sche Kunde die Waren in Deutsch­land ab oder beauf­tragt er einen Spe­di­teur mit dem Trans­port der Waren von Deutsch­land nach Frank­reich, so ist die bewegte Lie­fe­rung die Lie­fe­rung des öster­rei­chi­schen Unter­neh­mers an den fran­zö­si­schen Unter­neh­mer. Der öster­rei­chi­sche Unter­neh­mer fak­tu­riert eine inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung ab Deutsch­land auf die fran­zö­si­sche UID des Kunden. Diese inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung ist in der deut­schen Zusam­men­fas­sen­den Meldung als inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung zu melden. Die ruhende Lie­fe­rung des deut­schen Her­stel­lers an den öster­rei­chi­schen Unter­neh­mer ist in Deutsch­land steu­er­bar und steu­er­pflich­tig. In diesem Fall benötigt der öster­rei­chi­sche Unter­neh­mer eine umsatz­steu­er­li­che Regis­trie­rung in Deutsch­land zur Abwick­lung dieses Reihengeschäfts.

Werden diese umsatz­steu­er­li­chen Beson­der­hei­ten nicht recht­zei­tig bedacht, können sich aus deut­scher bzw. aus fran­zö­si­scher Sicht ernste umsatz­steu­er­li­che Kon­se­quen­zen ergeben, da fran­zö­si­sche Umsatz­steu­er nicht abge­führt wurde bzw. in Deutsch­land die inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung nicht gemeldet wurde. Die Strafen können je nach Land emp­find­lich ausfallen.

Umsatz­steu­er­li­che Regis­trie­rungs­pflicht kann ver­mie­den werden

Wie hier in beiden Vari­an­ten zu erkennen, ist für das öster­rei­chi­sche Unter­neh­men eine umsatz­steu­er­li­che Regis­trie­rung in entweder Frank­reich oder Deutsch­land erfor­der­lich, wobei sich natür­lich die Frage stellt, wie diese Regis­trie­rungs­pflicht umgangen werden kann. Grund­sätz­lich ist es möglich einer Regis­trie­rungs­pflicht zu ent­kom­men, indem der Sach­ver­halt so gestal­tet wird, dass kein Rei­hen­ge­schäft mehr vorliegt. Dies könnte bei­spiels­wei­se durch ein Lager in Öster­reich pas­sie­ren, in das alle Waren ein­ge­la­gert werden, um dann, nach Bestel­lung eines Kunden, die Waren aus dem öster­rei­chi­schen Lager an den Kunden zu liefern. In diesem Fall liegt kein Rei­hen­ge­schäft mehr vor und somit keine Ver­pflich­tung, sich in anderen Ländern umsatz­steu­er­lich regis­trie­ren zu lassen. Alter­na­tiv dazu kann überlegt werden, die Trans­port­or­ga­ni­sa­ti­on so auf­zu­tei­len, dass unter­schied­li­che betei­lig­te Parteien für den Gesamt­trans­port ver­ant­wort­lich sind. Auch dann kann argu­men­tiert werden, dass kein Rei­hen­ge­schäft vorliegt. Um ein maximal kun­den­freund­li­ches wie auch umsatz­steu­er­op­ti­ma­les Ergebnis zu erzielen, emp­fiehlt sich jeden­falls die genaue Infor­ma­ti­on im Vorfeld der Abwick­lung dieses Geschäfts.

Bild: © a_korn — Fotolia