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Artikel zum Thema: Unternehmensbewertung

Unter­neh­mens­be­wer­tung anhand von Multiplikatoren


März 2015 

Die Bewer­tung von Unter­neh­men stellt seit jeher eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung für Bewerter, Gut­ach­ter und Unter­neh­mer dar. Schließ­lich dreht sich dabei alles um die Frage „was ist mein Unter­neh­men wirklich wert?“. Sei es nun, dass sich diese Frage stellt weil ein Unter­neh­men gekauft oder verkauft werden soll oder bloß, weil ein Unter­neh­mer wissen möchte, welchen Wert er seinem Unter­neh­men bei­zu­mes­sen hat. Mit dieser Frage beschäf­tigt sich auch die Kammer der Wirt­schafts­treu­hän­der (KWT) intensiv.

Der Fach­se­nat der KWT hat am 26. März 2014 ein neues Fach­gut­ach­ten zur Unter­neh­mens­be­wer­tung ver­öf­fent­licht. Dieses Fach­gut­ach­ten the­ma­ti­siert erstmals explizit die Anwen­dung von Mul­ti­pli­ka­tor­me­tho­den zur Bewer­tung. Einer­seits dürfen Unter­neh­men, die nicht der Rech­nungs­le­gungs­pflicht nach dem UGB unter­lie­gen, mittels Mul­ti­pli­ka­tor­ver­fah­ren bewertet werden, ande­rer­seits sind alle Bewer­tungs­er­geb­nis­se, die auf Basis eines Dis­coun­ted Cash Flow (DCF) — Modells – also eines Bar­wert­mo­dells – ermit­telt wurden, zwingend zu plau­si­bi­li­sie­ren. Das Fach­gut­ach­ten schlägt auch hier die Anwen­dung der Mul­ti­pli­ka­tor­me­tho­de vor.

Ein­füh­rung in die Bewertung

Bei der Bewer­tung von Unter­neh­men anhand der Mul­ti­pli­ka­tor­me­tho­de wird versucht, den Unter­neh­mens­wert durch einen Ver­gleich mit anderen Unter­neh­men zu errech­nen. Hinter dieser Vor­ge­hens­wei­se steht der Gedanke, dass ver­gleich­ba­re Ver­mö­gens­wer­te ähnliche Preise auf­wei­sen und daher Preise für ver­gleich­ba­re Unter­neh­men einen wich­ti­gen Indi­ka­tor für Unter­neh­mens­wer­te dar­stel­len. Der Unter­neh­mens­wert wird nicht durch eine Abzin­sung zukünf­ti­ger Cash Flows ermit­telt, sondern durch eine Mul­ti­pli­ka­ti­on eines soge­nann­ten Mul­ti­pli­ka­tors mit einer Bezugsgröße.

Beispiel: Das zu bewer­ten­de Unter­neh­men ist in der Gas­tro­no­mie tätig und hat im Jahr 2014 Umsätze von 400.000 € (Bezugs­grö­ße) erzielt. Der Bran­chen­mul­ti­pli­ka­tor bezogen auf die Umsätze beläuft sich in der Gas­tro­no­mie­bran­che auf 0,65. Daraus ergibt sich ein Unter­neh­mens­wert von 400.000 € x 0,65 = 260.000 €.

Der große Vorteil der Mul­ti­pli­ka­tor­me­tho­de ist die einfache Durch­führ­bar­keit der Bewer­tung. Im Gegen­satz zu Kapi­tal­wert­mo­del­len muss keine auf­wen­di­ge Zukunfts­pla­nung auf­ge­stellt werden, aus der anschlie­ßend Cash Flows abge­lei­tet werden. Mul­ti­pli­ka­to­ren eignen sich beson­ders gut für die Bewer­tung von Klein- und Mit­tel­be­trie­ben, da häufig homogene Kosten- und Erlös­struk­tu­ren vor­lie­gen. Ein Nachteil der Mul­ti­pli­ka­tor­me­tho­de ist aller­dings die fehlende theo­re­ti­sche Begrün­dung. Während für das Kapi­tal­wert­mo­dell fun­dier­te theo­re­ti­sche Modelle vor­lie­gen, fehlen diese für die Mul­ti­pli­ka­tor­me­tho­de. Trotzdem kann die Mul­ti­pli­ka­tor­me­tho­de kei­nes­wegs ver­nach­läs­sigt werden, da sie auf beob­acht­ba­ren Daten am Markt basiert und daher von großer Bedeu­tung ist.

Der Mul­ti­pli­ka­tor wird anhand eines ver­gleich­ba­ren Unter­neh­mens oder einer Gruppe von ver­gleich­ba­ren Unter­neh­men (Peer Group) ermit­telt. Dabei ist darauf zu achten, dass das Unter­neh­men bzw. die Gruppe von Unter­neh­men mit dem zu bewer­ten­den Unter­neh­men in den wesent­lichs­ten Eigen­schaf­ten ver­gleich­bar ist. Dazu zählen bei­spiels­wei­se die Branche, das Geschäfts­mo­dell, die geo­gra­fi­sche Abde­ckung, die Pro­fi­ta­bi­li­tät, die Anla­gen­in­ten­si­tät oder auch das Wachstum des Unter­neh­mens. Der Mul­ti­pli­ka­tor errech­net sich dann aus der Division von Markt­preis des Eigen­ka­pi­tals bzw. Gesamt­ka­pi­tals und der jewei­li­gen Bezugs­grö­ße. Als Bezugs­grö­ßen können der Umsatz, das EBIT oder auch das EBITDA her­an­ge­zo­gen werden. In diesem Fall stellt der Unter­neh­mens­wert den Markt­preis des Gesamt­ka­pi­tals dar, von dem noch die Net­to­fi­nanz­ver­bind­lich­kei­ten abzu­zie­hen sind. Wird der Jah­res­über­schuss als Bezugs­grö­ße ver­wen­det, so ergibt sich direkt der Markt­preis des Eigen­ka­pi­tals. Bei der Auswahl der Bezugs­grö­ße sollte gemäß Fach­gut­ach­ten das EBIT oder das EBITDA her­an­ge­zo­gen werden, da der Wert eines Unter­neh­mens ganz zentral von der Fähig­keit, im ope­ra­ti­ven Geschäft Gewinne zu erzielen, abhängt. Werden Umsatz-Mul­ti­ples zur Bewer­tung her­an­ge­zo­gen, so wird implizit davon aus­ge­gan­gen, dass das zu bewer­ten­de Unter­neh­men die gleiche Ertrags­kraft wie das Unter­neh­men der Peer Group hat.

Mul­ti­pli­ka­to­ren nach Branchen

In einer kürzlich ver­öf­fent­lich­ten Studie wurden anhand von Unternehmenskäufen/verkäufen in Öster­reich, Deutsch­land und der Schweiz zwischen 1.1.2010 und 5.11.2013 folgende Bran­chen­mul­ti­pli­ka­to­ren ermit­telt (siehe Tabelle). Ange­ge­ben wird hier jeweils der Median, da dieser am wenigs­ten durch Aus­rei­ßer beein­flusst wird.

Branche

Umsatz-erlöse

EBITDA

EBIT

Güter- und Personenverkehr

0,63

6,45

9,64

Bau­wirt­schaft

0,35

5,92

12,67

Beher­ber­gung und Tourismus

1,41

0,89

14,31

Gebäude und Grundstücksverwaltung

13,79

25,12

17,99

IT Services

1,83

8,24

16,84

Groß­han­del

0,68

8,10

10,78

Ein­zel­han­del

1,63

8,27

18,15

Archi­tek­tur und Ingenieurbüros

0,33

7,96

8,74

Unter­neh­mens­füh­rung, ‑beratung

0,86

11,84

13,33

Gas­tro­no­mie

0,65

n/a

n/a

Quelle: Aschauer/Purtscher/Bozic: Eine Ablei­tung von Mul­ti­pli­ka­to­ren aus ver­gan­ge­nen Trans­ak­tio­nen für die Plau­si­bi­li­täts­prü­fung von Unter­neh­mens­wer­ten, RWZ 9/2014, S. 278

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