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Artikel zum Thema: Unternehmensbewertung

Neues aus der Unternehmensbewertung

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Oktober 2006 

Vor wenigen Monaten hat die Kammer der Wirt­schafts­treu­hän­der ein neues Fach­gut­ach­ten zur Unter­neh­mens­be­wer­tung beschlos­sen, das das alte Fach­gut­ach­ten aus dem Jahr 1989 ersetzt. Gerade auch bei Klein- und Mit­tel­be­trie­ben haben in den letzten Jahren Fragen der Unter­neh­mens­be­wer­tung massiv an Bedeu­tung gewonnen. Anlässe für Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen gibt es viele:

  • Verkauf von Unternehmen
  • Ein- und Austritt von Gesellschaftern
  • Umgrün­dungs­maß­nah­men
  • Kre­dit­wür­dig­keits­prü­fung
  • Erb­tei­lung
  • Erfolgs­ver­gü­tun­gen für Manager usw.

Das neue Fach­gut­ach­ten ist ins­be­son­de­re von Bedeu­tung, da gerade in vielen Gesell­schafts­ver­trä­gen für die Bemes­sung von Abfin­dun­gen anläss­lich des Aus­tritts von Gesell­schaf­tern ein Gut­ach­ten von einem Wirt­schafts­treu­hän­der zu erstel­len ist (und dieser sich an das Fach­gut­ach­ten halten muss). Um auf der­ar­ti­ge Bewer­tungs­an­läs­se perfekt vor­be­rei­tet zu sein und damit Zeit und Geld zu sparen, sollten Ihnen die wesent­li­chen Neue­run­gen bei der Unter­neh­mens­be­wer­tung bekannt sein.

1. Bewer­tungs­ver­fah­ren

Die Bewer­tung hat entweder nach der Ertrags­wert­me­tho­de oder einem DCF-Ver­fah­ren (Dis­coun­ted Cash Flow) zu erfolgen, wobei sich der Unter­neh­mens­wert als Barwert der zukünf­ti­gen finan­zi­el­len Über­schüs­se ermit­telt. Tra­di­tio­nel­le Ver­fah­ren wie zB das “Über­ge­winn­ver­fah­ren” oder die “Sub­stanz­wert­me­tho­de” ent­spre­chen nicht mehr dem aktu­el­len Stand der Unter­neh­mens­be­wer­tung. Bewer­tun­gen anhand von ergebnis‑, umsatz- oder pro­dukt­men­gen­ori­en­tier­ten Mul­ti­pli­ka­to­ren können zur Plau­si­bi­li­sie­rung von Bewer­tungs­er­geb­nis­sen her­an­ge­zo­gen werden, können eine Unter­neh­mens­be­wer­tung aber nicht ersetzen.

2. Kapi­ta­li­sie­rungs­zins­satz

Basis­zins­satz ist — wie bisher — die Rendite einer risi­ko­lo­sen Kapi­tal­markt­an­la­ge (zB Effek­tiv­ren­di­te von lang­fris­ti­gen Staats­an­lei­hen). Für die Ermitt­lung des Risi­ko­zu­schla­ges sollen kapi­tal­markt­ori­en­tier­te Methoden her­an­ge­zo­gen werden, wobei einer­seits das spe­zi­fi­sche Bran­chen­ri­si­ko (zB viele Kon­kur­ren­ten) und ande­rer­seits das Kapi­tal­struk­tur­ri­si­ko (zB höhere Ver­schul­dung) zu berück­sich­ti­gen sind. Sub­jek­ti­ve Risi­ko­zu­schlä­ge, die in der Ver­gan­gen­heit in der Praxis anzu­tref­fen waren und oftmals zu strit­ti­gen Ergeb­nis­sen geführt haben, sollen mög­lichst nicht mehr zur Anwen­dung kommen.

3. Erfor­der­nis einer inte­grier­ten Planungsrechnung

Die Unter­neh­mens­be­wer­tung findet auf der Grund­la­ge einer inte­grier­ten Unter­neh­mens­pla­nung (Gewinn- und Ver­lust­rech­nung, Plan­bi­lanz, Plan- Geld­fluss­rech­nung) statt. Dabei sind ins­be­son­de­re Finan­zie­rungs- und Aus­schüt­tungs­maß­nah­men mög­lichst genau zu planen. Im Rahmen einer Unter­neh­mens­be­wer­tung sollten der­ar­ti­ge Pla­nungs­rech­nun­gen für die nächsten drei bis fünf Jahre vor­lie­gen. Sofern ein objek­ti­ver Wert (zB anläss­lich der Abfin­dung von Gesell­schaf­tern) ermit­telt werden soll, dürfen nur bereits in die Wege gelei­te­te bzw hin­rei­chend kon­kre­ti­sier­te Maß­nah­men berück­sich­tigt werden.

4. Berück­sich­ti­gung von Steuern

Die Aus­wir­kun­gen von Steuern waren auch schon bisher zu berück­sich­ti­gen. Anzu­mer­ken ist, dass steu­er­li­che Unter­schie­de bei der Bewer­tung von Ein­zel­un­ter­neh­men oder Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten bzw Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten im neuen Fach­gut­ach­ten im Detail geregelt sind.

5. Beson­der­hei­ten für kleine und mittlere Unternehmen

Bei diesen Unter­neh­men sind oft die per­sön­li­chen Kennt­nis­se, Fähig­kei­ten und Bezie­hun­gen des Unter­neh­mers von beson­de­rer Bedeu­tung für den Geschäfts­er­folg. Es ist daher darauf zu achten, dass diese Erfolgs­fak­to­ren durch einen ange­mes­se­nen Unter­neh­mer­lohn berück­sich­tigt werden. Dies gilt auch für den Fall, dass Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge unent­gelt­lich im Unter­neh­men tätig sind.

Wird Pri­vat­ver­mö­gen (zB Lie­gen­schaf­ten) unter­neh­me­risch genutzt werden, ist der Ansatz von “fiktiven” Miet­zah­lun­gen erforderlich.

Zusätz­li­che Risi­ko­fak­to­ren wie zB Abhän­gig­keit von ein­zel­nen Kunden, unge­nü­gen­de Eigen­ka­pi­tal­aus­stat­tung und ein­ge­schränk­te Finan­zie­rungs­mög­lich­kei­ten sind eben­falls zu berücksichtigen.

6. Wachs­tums­un­ter­neh­men

Bei diesen unter­liegt die Prognose der zukünf­ti­gen Gewinne oftmals erheb­li­chen Unsi­cher­hei­ten. Es sollte daher die Planung in mehrere Phasen (Anlauf­pha­se, Phase mit über­durch­schnitt­li­chem Umsatz- und Ertrags­wachs­tum und Phase mit normalem Wachstum) unter­teilt werden. Ins­be­son­de­re sollten mehrere Sze­na­ri­en gerech­net werden und diese mit unter­schied­li­chen (gewich­te­ten) Ein­tritts­wahr­schein­lich­kei­ten bei der Bewer­tung berück­sich­tigt werden.

Sofern Ihnen ein Anlass für eine Unter­neh­mens­be­wer­tung bevor­steht, sollten Sie sich sorg­fäl­tig darauf vor­be­rei­ten und sich ent­spre­chend früh mit der Erhebung not­wen­di­ger Daten bzw der Erstel­lung plau­si­bler Pla­nungs­rech­nun­gen befassen. Ange­sichts der Kom­ple­xi­tät der Materie emp­fiehlt es sich dabei jeden­falls den Rat Ihres Wirt­schafts­treu­hän­ders einzuholen.

Bild: © Anna Blau — BMF